Bundesverdienstkreuz für Altmeister | HWK-FF.DE

Zu Besuch im Handwerk Bundesverdienstkreuz für Altmeister

© HWK-FF.DE // Mirko Schwanitz

SEIT 1995 WAR ER STELLVERTRETENDER OBERMEISTER DER ELEKTROINNUNG FRANKFURT (ODER). VIELE JAHRE ENGAGIERTE ER SICH IM TARIFAUSSSCHUSS DES ELEKTROHANDWERKS BERLIN/BRANDENBURG. FÜR SEIN EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT ERHIELT JÜRGEN LUBAN In DIESEM JAHR DIE HÖCHSTE AUSZEICHUNG, DIE DEUTSCHLAND ZU VERGEBEN HAT.

Seit Jahrzehnten ist Jürgen Luban eine Institution in Fürstenwalde. „Ich hab das nicht gewollt. Es hat sich ergeben“, sagt der 1939 geborene Elektromeister, bevor er aus seinem bewegten Leben erzählt.

Mit 4 musste Jürgen Luban sein Kinderzimmer räumen. „1943 kam ein Ehepaar zu Besuch und blieb darin bis Kriegsende. Erst spät verstand ich, dass Mutter eine jüdische Familie versteckte“, erinnert er sich. „Sie wusste, dass sie dafür ins KZ kommen konnte. So haben meine Eltern mich auch erzogen. Ich sollte nie mitlaufen, sondern stets den Weg gehen, den ich selbst für richtig halte.“

Mit 16 wäre er gern Maler geworden. „Aber Mutter sah nach dem Krieg, wie ein Elektriker bei auf dem Feld eine Dreschmaschine reparierte. Als sich die Bauern bei ihm mit Naturalien bedankten, hieß es: Jürgen, du wirst auch Elektriker! Da hast du immer was zu essen…“ 1958 machte er den Gesellenbrief, 1963 seinen Meister.

„Doch alle meine Versuche, ein eigenes Gewerbe anzumelden, scheiterten.“ Wohl auch, weil er als „unsicheres Subjekt“ galt. „Ich engagierte mich in der jungen Gemeinde, verweigerte den Wehrdienst und versuchte auch andere davon zu überzeugen.“

Mit 32 holte ihn die Stasi. Auf seine Frage, ob offene Meinungsäußerungen zum Wehrdienst eine Straftat seien, sagte man ihm: Eine Straftat nicht, aber ein Verbrechen. „1972 kam ich wegen staatsfeindlicher Hetze ins Zuchthaus Cottbus. Dort saß ich mit Leuten wie dem Direktor der Staatlichen Museen zu Berlin oder Chefärzten der Charitè. Als Handwerksmeister war ich da das kleinste Licht.“

Mit 34 kam er frei. Doch niemand wollte einen „Zuchthäusler“ einstellen. „Ich war deprimiert, begann zu trinken. Aber ich bekam die Kurve, machte eine Entziehungskur, ging zu einem Gesprächskreis.“ Luban bekam wieder Arbeit. Zunächst im Fürstenwalder Reifenwerk, später als Spezialist für explosionsgefährdete Anlagen beim VEB Minol. Aus seiner Ablehnung der Politik machte er weiterhin keinen Hehl, organisierte Friedensgebete, engagierte sich in der Endzeit der DDR in der Bürgerrechtsbewegung und gründete die Fürstenwalder SPD-Ortsgruppe. Den Fall der Mauer erlebte er am Runden Tisch.

Mit 50 beantragte er erneut den Gewerbeschein. „Endlich konnte ich Unternehmer werden. Meine Firma lief gut. Ich hatte fünf Mitarbeiter und bildete jedes Jahr Lehrlinge aus.“ Der Elektromeister engagierte sich weiter: als stellvertretender Innungsobermeister, in einer Tarifkommission des Elektrohandwerks, als SPD-Abgeordneter im Stadtrat. Für seine Handwerker sorgte er dafür, dass die Sommergesellenfreisprechung viele Jahre im Dom St. Marien stattfinden konnte.

Mit 70 wurde er Vorsitzender des FIKS e.V. – heute Heimstatt von über 30 Selbsthilfegruppen. Hervorgegangen war der Verein aus der Selbsthilfegruppe „Menschen ohne Suchtmittel“. „Ich hatte sie gleich zu Beginn der 90er Jahre vor dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrungen gegründet. Und weil für die Betroffenen die Weihnachtszeit oft die schlimmste Zeit ist, beschloss ich, damals am Weihnachtsabend ein Essen für suchtkranke, einsame Menschen und Obdachlose zu organisieren. Dieses Essen gibt es inzwischen seit 33 Jahren.“

Mit 80 erhielt Jürgen Luban für sein unermüdliches Engagement in diesem Jahr vom Bundespräsidenten die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik – das Bundesverdienstkreuz am Bande. Derzeit schreibt er an seinen Memoiren. Dabei kann er auch zurückgreifen auf ein ungewöhnliches Archiv – seine Stasi-Akte. Sie umfasst 1500 Seiten….Mirko Schwanitz

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