Tarifrecht

Geltungsbereich von tariflichen Regelungen

Auf Grund der in jüngster Vergangenheit verstärkt durchgeführten Prüfungen der Rentenversicherungsträger zur ordnungsgemäßen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen soll zunächst noch einmal ein Augenmerk auf die Beachtung von tariflichen Regelungen gelegt werden. Dies erscheint deshalb erforderlich, weil bestimmte Tarifverträge die Einhaltung von Mindestlöhnen oder von Sonderzahlungen vorschreiben, auf die dann die Prüfung von Sozialversicherungsabgaben gestützt werden kann.

Zunächst muss jedoch geprüft werden, ob eine Tarifbindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer überhaupt vorliegt.

Dafür gibt es in der Regel 4 verschiedene Möglichkeiten:

  1. Tarifbindung kraft Allgemeinverbindlichkeit des entsprechenden Tarifvertrages
  2. Tarifbindung kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers
  3. Tarifbindung kraft Verweisung im Arbeitsvertrag
  4. Tarifbindung kraft betrieblicher Übung.

Der ersten Variante, der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen, kommt dabei in der Praxis der Prüfung der Rentenversicherungsträger die größte Bedeutung zu. Im Falle des Vorliegens eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrages kommt es gerade nicht darauf an, ob der Arbeitgeber Mitglied in einem tarifschließenden Verband (Innung) ist oder der Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert ist. Kraft der durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit oder einer von ihm beauftragten Stelle gemäß § 5 des Tarifvertragsgesetzes erklärten Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrages, wirkt dieser auf alle in seinem Geltungsbereich befindlichen Arbeitsverhältnisse ein und ist daher zwingend zu beachten.

Derzeit existieren zahlreiche Tarifverträge, die im Wege der Allgemeinverbindlichkeit in unserem Kammerbezirk Geltung erlangen. Eine lediglich beispielhafte, nicht abschließende Aufzählung soll an dieser Stelle die große Bedeutung der angesprochenen Problematik verdeutlichen.
Betroffen sind z.B.:

  • Baugewerbe (u. a. BRTV, VTV, Mindestlohn)
  • Elektrohandwerk (Mindestlohn)
  • Dachdeckerhandwerk (u. a. Rahmen TV, Mindestlohn, Sozialkassenverfahren)
  • Gebäudereinigerhandwerk (Rahmen TV, Mindestlohn TV )

Darüber hinaus bestehen unter anderem auch im Malerhandwerk und im Steinmetz und Steinbildhauerhandwerk allgemeinverbindliche Regelungen.

Da diese Aufzählung wie bereits erwähnt keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, ist es jedem einzelnen Betriebsinhaber zu empfehlen, sich über die einschlägigen Tarifverträge zu informieren.

Dies kann z. B. über die Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geschehen, wo ein Verzeichnis aller aktuell allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge bereitgestellt wird.

Außerdem gibt das Tarifregister für Berlin und Brandenburg Auskunft über das Bestehen und den Inhalt von Tarifverträgen. Selbstverständlich werden aber auch die Handwerkskammer bzw. die Kreishandwerkerschaften Auskunft erteilen, soweit die jeweiligen Tarifverträge vorliegen.

Tarifliche Mindestlohnregelungen im Handwerk

Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen über Mindestlöhne hat sich in den letzten Jahren im Handwerk bewährt. Inzwischen bestehen in acht Handwerksbranchen allgemeinverbindliche Mindestlohntarifverträge. Durch die Allgemeinverbindlicherklärung werden alle Arbeitgeber der betroffenen Branchen an die Einhaltung der Tarifverträge gebunden. Dies gilt unabhängig davon, ob der einzelne Arbeitgeber Mitglied in der tarifschließenden Arbeitgebervereinigung, wie z. Bsp. einer Innung, ist.

Weitere Informationen zum Thema Mindestlohn finden Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Aktuelle Mindeslöhne

Aktuelle Themen

Mindestlohn im Gerüstbauerhandwerk seit 1. Dezember 2023

Am 1. Dezember 2023 ist die Achte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Gerüstbauer-Handwerk vom 22. November 2023 gemäß § 7 Abs.1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz in Kraft getreten. Sie tritt mit Ablauf des 30. September 2025 außer Kraft.

Mindestlohn im Maler- und Lackiererhandwerk seit 1. Mai 2023

Am 1. Mai 2023 ist die Elfte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Maler- und Lackiererhandwerk vom 24. April 2023 in Kraft getreten.

Allgemeinverbindlicherklärung des TV Inflationsausgleichsprämie im Baugewerbe

Am 01.08.2023 wurde im Bundesanzeiger (BAnz AT 01.08.2023 B3) die Allgemeinverbindlicherklärung vom 12.07.2023 des Tarifvertrages zur Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie im Baugewerbe (TV Inflationsausgleichsprämie) vom 30. Januar 2023 mit Wirkung vom 7. März 2023 bekanntgemacht. Der Tarifvertrag endet ohne Nachwirkung am 31.12.2024.

Allgemeinverbindlicherklärung des TV Inflationsausgleichsprämie im Dachdeckerhandwerk

Am 06.07.2023 wurde im Bundesanzeiger (BAnz AT 06.07.2023 B1) die Allgemeinverbindlicherklärung vom 23.06.2023 des Tarifvertrages zur Regelung einer Inflationsausgleichsprämie für die Beschäftigten im Dachdeckerhandwerk vom 06.03.2023 mit Wirkung vom 1. Mai 2023 bekanntgemacht. Der Tarifvertrag endet ohne Nachwirkung am 31.12.2024.

Rückwirkende Allgemeinverbindlicherklärung des neuen Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe

Im Bundesanzeiger vom 01.08.2023 (BAnz AT 01.08.2023 B1) wurde bekannt gemacht, dass auf Grund des § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 und 7 des Tarifvertragsgesetzes der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) vom 28. September 2018 in der Fassung der Änderungstarifverträge vom 5. November 2021 und vom 10. November 2022 am 12.07.2023 mit Wirkung vom 1. Januar 2023 für allgemeinverbindlich erklärt wurde.

Neuer Mindestlohn im Schornsteinfegerhandwerk rückwirkend ab 01.01.2023

Rückwirkend zum 01.01.2023 wurde für das Schornsteinfegerhandwerk ein neuer Mindestlohn in Höhe von 14,20 € allgemeinverbindlich erklärt.

Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung eines Rahmentarifvertrags für das Dachdeckerhandwerk (RTV)

Im Bundesanzeiger vom 19.05.2023 (BAnz AT 19.05.2023 B8) wurde bekannt gemacht, dass der Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk – Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik – (RTV) vom 27. November 1990, zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag vom 28.10.2022 mit Wirkung vom 1. Januar 2023 mit den unten näher bezeichneten Einschränkungen für allgemeinverbindlich erklärt wurde.

Mindestlohn im Gebäudereinigerhandwerk vom 01.10.2022 bis 31.12.2024

Im Bundesanzeiger vom 30.03.2021 (BAnz AT 30.03.2021 V1) ist die aufgrund von § 7 Arbeitnehmer-Entsendegesetz ergangene Achte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Gebäudereinigung bekannt gemacht worden. Die Verordnung tritt am 01.04.2021 in Kraft und am 31.12.2023 außer Kraft.

Mindestlohn im Dachdeckerhandwerk seit 1. Januar 2022

Der Mindestlohn für Dachdecker wurde erhöht: Ungelernte Arbeitnehmer erhalten nun mindestens 13 Euro, gelernte Mitarbeiter 14,50 Euro. Ab 2023 steigt er auf 13,30 Euro (ungelernt) bzw. 14,80 € (gelernt).

Mindestlohn im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk seit 1. November 2021

Im Bundesanzeiger vom 29.10.2021 (BAnz AT 29.10.2021 V1) wurde die Vierte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk gemäß § 7 Abs.1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz bekannt gemacht.

Mindestlohn im Baugewerbe

Im Bundesanzeiger vom 27.02.2018 (BAnz AT 27.02.2018 V1) ist die aufgrund von § 7 Arbeitnehmer-Entsendegesetz ergangene Zehnte Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe bekannt gemacht worden. Diese Verordnung tritt am 01.03.2018 in Kraft und am 31.12.2019 außer Kraft.

Allgemeinverbindliche Tarifentgelte im Elektrohandwerk seit 2022 in Brandenburg

Am 6. Mai 2020 ist im Bundesanzeiger (BAnz AT 06.05.2020 B6) die Allgemeinverbindlicherklärung eines Entgelttarifvertrages für Arbeitnehmer in den Elektro- und Informationstechnischen Handwerken der Länder Berlin und Brandenburg vom 15. November 2019 mit Wirkung vom 4. Februar 2020 für das Gebiet der Länder Brandenburg und Berlin bekanntgemacht worden.

Bundesweit einheitliche Mindestlöhne im Elektrohandwerk ab 1. Januar 2020

Am 11. Dezember 2019 ist im Bundesanzeiger (BAnz AT 11.12.2019 B1) die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags für die Elektrohandwerke über ein Mindestentgelt in den Elektrohandwerken vom 17. Januar 2019 gemäß § 5 Tarifvertragsgesetz mit Wirkung ab 1. Januar 2020 bekanntgemacht worden. Dieser Tarifvertrag tritt ohne Nachwirkung spätestens am 31. Dezember 2024 außer Kraft.

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