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Beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist das Gebot fairen Verhandelns als Nebenpflicht der Parteien aus dem Arbeitsvertrag zu beachten. Der Arbeitgeber verstoße gegen dieses Gebot, wenn er eine psychische Drucksituation schaffe, die die freie Entscheidung des Arbeitsnehmers erheblich erschwere und er diese bewusst ausnutze. Ein Aufhebungsvertrag, der unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande kommt, kann unwirksam sein. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 7. Februar 2019 (Az 6 AZR 75/18).

Mit dem vorliegenden Urteil schafft das BAG Klarheit darüber, dass ein arbeitsvertraglicher Aufhebungsvertrag nicht nach den seit dem 13. Juni 2014 geltenden Verbraucherschutzvorschriften widerrufen werden kann. Die Widerrufbarkeit scheitert an der Anwendbarkeit der maßgeblichen Verbraucherschutzregeln. Zugleich statuieren die Bundesarbeitsrichter jedoch mit dem sogenannten Gebot fairen Verhandelns ausdrücklich einen neuen Auflösungstatbestand für Aufhebungsverträge zugunsten des Arbeitnehmers und erweitern damit die Möglichkeiten des Arbeitnehmers, gegen einen Aufhebungsvertrag vorzugehen. Anders aber als mit dem Widerruf nach Verbraucherrechtsgesichtspunkten, bekommt der Arbeitnehmer über diesen Weg kein allgemeines Widerrufsrecht zugesprochen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne der Gefahr einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers bei Vertragsverhandlungen, etwa weil diese zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfänden, mit dem Gebot fairen Verhandelns begegnet werden. Bei dem Gebot fairen Verhandelns handele es sich im Zusammenhang mit der Verhandlung eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags um eine durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründete Nebenpflicht iSd. § 311 Abs.2 Nr.1 iVm. § 241 Abs.2 BGB aus dem Arbeitsverhältnis zur wechselseitigen angemessenen Rücksichtnahme, die auf die Verhandlungen bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausstrahlen würde. Der Arbeitgeber könne im Einzelfall verpflichtet sein, von sich aus geeignete Hinweise zu geben bzw. entsprechende Aufklärung zu leisten. Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liege ein Verstoß gegen § 241 Abs.2 BGB daher insbesondere dann vor, wenn eine Vertragsseite eine Verhandlungssituation herbeiführe oder ausnutze, die eine unfaire Behandlung des anderen Vertragspartners darstelle. Das Gebot fairen Verhandelns werde missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in zu missbilligender Weise beeinflusst werde. Dabei gehe es um das Gebot eines Mindestmaßes an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses. So sei eine Verhandlungssituation erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt werde, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwere oder sogar unmöglich mache. Dies könne eintreten, wenn besonders unangenehme Rahmenbedingungen geschaffen würden, die erheblich ablenkten oder sogar den Fluchtinstinkt weckten. Möglich wäre auch das Ausnutzen einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Ebenso könne die Nutzung eines Überraschungsmoments die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen (Überrumpelung). Letztlich sei allerdings immer die konkrete Situation im jeweiligen Einzelfall am Maßstab des § 241 Abs.2 BGB zu bewerten.

Anja Schliebe

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Bauherren unterliegen nicht der Bürgenhaftung nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG).

Mit Urteil vom 16. Oktober 2019 (Az 5 AZR 241/18) stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) fest, dass ein Unternehmer, der lediglich als bloßer Bauherr eine Bauleistung in Auftrag gibt, nicht gemäß § 14 AEntG für Lohnschulden eines Subunternehmers haftet. Die in § 14 AEntG angeordnete Bürgenhaftung erfordere eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen dem Auftraggeber und dem Nachunternehmer.

Nach § 14 AEntG hafte ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, für dessen Verpflichtungen zur Zahlung des Mindestentgelts an Arbeitnehmer oder zur Zahlung von Beiträgen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 8 AEntG wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet habe. Wer als Unternehmer im Sinne dieser Norm zu betrachten sei, definiere die Vorschrift nicht. Gehe man vom Wortlaut des § 14 Abs.1 AEntG aus, würde die Haftung jeden Unternehmer betreffen, der Leistungen von einem anderen Unternehmen bezieht.

Neben der Wortlautauslegung müsse zudem der Zweck der Norm in den Blick genommen werden.

Ziel des Gesetzes sei es vielmehr, Bauunternehmer, die sich verpflichtet hätten, ein Bauwerk zu errichten, und dies nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigten, sondern sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmen bedienten, als Bürgen haften zu lassen. Sie sollen damit letztlich im eigenen Interesse verstärkt darauf achten, dass die Nachunternehmer die nach dem AEntG geltenden zwingenden Arbeitsbedingungen einhalten. Da diesen Bauunternehmen der wirtschaftliche Vorteil der Beauftragung von Nachunternehmern zugutekommt, sollen sie auch für die Lohnforderungen der dort beschäftigten Arbeitnehmer nach dem  AEntG einstehen. Bleibe der vom Hauptunternehmer beauftragte Nachunternehmer seinen Arbeitnehmern den Mindestlohnanspruch schuldig, realisiere sich genau das zusätzliche Risiko, das der Hauptunternehmer geschaffen habe, indem er sich des Nachunternehmers zur Ausführung der von ihm geschuldeten, aber nicht durch eigene Arbeitnehmer erbrachten Bauleistungen bedient habe. Es sei daher gerechtfertigt, ihm die Mitverantwortung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer zuzuweisen, da er die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand gegeben und die Durchsetzung der Regelungsziele des AEntG erschwert habe.

Diese Gesetzesziele des AEntG treffen nach den Feststellungen des BAG nicht auf andere Unternehmer zu, die lediglich als Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben. Diese Unternehmer beschäftigten keine eigenen Bauarbeitnehmer und beauftragten auch keine Subunternehmer, die für sie eigene Leistungspflichten erfüllen sollen. Bauherren fallen daher nicht in den Geltungsbereich des § 14 AEntG. Hinweise, dass der Gesetzgeber eine weitergefasste Haftung in Bezug auf den Unternehmerbegriff schaffen wollte, gebe es nicht. Somit treffe die in § 14 AEntG angeordnete Bürgenhaftung, die eine besondere Verantwortungsbeziehung zwischen Auftraggeber und Nachunternehmer verlange, den Bauherrn nicht. Die besondere Verantwortungsbeziehung, die nur bestehe, wenn der Auftraggeber eine eigene Verpflichtung an seinen Auftragnehmer weitergibt, dieser eine Verpflichtung übernimmt, die für die vom Auftraggeber am Markt angebotene Leistung geschäftsprägend ist bzw. sich im Rahmen seines üblichen Geschäftsgegenstandes bewegt, sei zwischen Bauherrn und Generalunternehmer nicht erkennbar, soweit der Bauherr keine Erfüllung eigener Verpflichtungen weitergegeben hat, sondern lediglich als Bauherr den Auftrag zur Errichtung eines Bauwerks für den betrieblichen Eigenbedarf an einen Generalunternehmer erteilt.

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Neue Informationspflichten zur Verbraucherschlichtung

Für Streitigkeiten mit Verbrauchern gibt es seit 2016 ein besonderes Schlichtungsverfahren. Dieses Verfahren ist im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) geregelt und darf nur von qualifizierten Schlichtungsstellen durchgeführt werden. Streitigkeiten zwischen Handwerkern und Verbrauchern können bei der sog. Universalschlichtungsstelle des Bundes am Zentrum für Schlichtung e.V. (www.verbraucher-schlichter.de) behandelt werden. Unternehmer sind nach dem VSBG verpflichtet, Verbrauchern auf ihrer Webseite und in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Auskunft darüber zu geben, ob sie im Fall eines Rechtsstreits an einer Verbraucherschlichtung teilnehmen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei Urteilen die Informationspflichten nach dem VSBG konkretisiert.

Will ein Unternehmen nur unter bestimmten Bedingungen an Schlichtungsverfahren teilnehmen, muss es klar abgrenzbare Fallgruppen definieren und angeben.

Leitsätze zum BGH Urteil vom 21.08.2019, Az.: VIII ZR 265/18: Die auf einer Webseite und/oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmers enthaltene Mitteilung, die Bereitschaft zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle könne „im Einzelfall“ erklärt werden, ist nicht ausreichend klar und verständlich im Sinne des § 36 I Nr. 1 VSBG. Sie lässt offen, von welchen Kriterien der Unternehmer seine Entscheidung abhängig macht, sich auf eine Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle einzulassen, und zwingt den Verbraucher daher zu Nachfragen. Zudem impliziert sie, dass der Unternehmer, anders als von § 36 I Nr. 1 VSBG vorausgesetzt, noch gar keine Entscheidung über seine Teilnahmebereitschaft getroffen hat.

Unternehmen, die sich auf ihren Webseiten und/oder den AGB nur bereit erklären an Schlichtungsverfahren teilzunehmen, müssen die zuständige Schlichtungsstelle nicht nennen: Leitsätze zum BGH Urteil vom 21.08.2019, Az.: VIII ZR 263/18: Die Regelung des § 36 I Nr. 2 VSBG verlangt Informationen über die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle nur von einem Unternehmer, der sich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren verpflichtet hat oder aufgrund einer Rechtsvorschrift hierzu verpflichtet ist. Dagegen ist ein Unternehmer, der sich lediglich zu einer Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit erklärt hat, von diesen Angaben befreit. Die nach § 36 I Nr. 2 VSBG für das Entstehen der Hinweispflicht erforderliche Teilnahmeverpflichtung des Unternehmers wird nicht bereits durch die Mitteilung des Unternehmers nach § 36 I Nr. 1 VSBG ausgelöst, zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit zu sein. Dies gilt auch dann, wenn die Mitteilung des Unternehmers über den Umfang seiner Teilnahmebereitschaft („grundsätzlich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit“) unklar ist. Denn aus einer solchen Unklarheit der Bereitschaftserklärung ist nicht zu folgern, dass der Unternehmer eine Teilnahmeverpflichtung im Sinne von § 36 I Nr. 2 VSBG eingeht beziehungsweise eingegangen ist.

Betriebe sollten hierzu das aktuelle ZDH-Merkblatt “Praxis Recht” sowie die dazugehörigen Muster beachten.

Weitere Informationen sind in unserem Archiv nachzulesen unter dem Titel „Informationspflichten zur Verbraucherschlichtung“.

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Ein Kunde hat keinen Anspruch gegen seine Kfz-Werkstatt, wenn diese nachweist, dass ein ihr übergebenes Fahrzeug auf ihrem öffentlich zugänglichen Kundenparkplatz beschädigt worden ist. Dies gilt nach einem Urteil des Landgerichts Saarbrücken auch, wenn das Fahrzeug dort von der Werkstatt drei Tage lang abgestellt war und sie eigene Fahrzeuge in ihrem eingezäunten Grundstück verwahrt. Der Kunde sei darlegungs- und beweisbelastet, dass jemand aus der Werkstatt das Fahrzeug schuldhaft beschädigt hat. Dies entschied das Landgericht Saarbrücken mit Urteil vom 22.03.2019, Az. 13 S 149/18.

Der Kläger ist Eigentümer eines Pkw, der in einer Kfz-Werkstatt repariert werden sollte. Er vereinbarte einen Reparaturtermin und auch einen Zeitpunkt, zu dem sein Wagen von Mitarbeitern der Werkstatt abgeholt werden sollte. Dies geschah zum vereinbarten Termin. Bei der Rückgabe stellte sich ein Karosserieschaden heraus.

Diesen Schaden ließ der Kläger in einer anderen Werkstatt reparieren. Den entstandenen Aufwand verlangt er von der ersten Werkstatt ersetzt. Der Schaden sei, wie auch immer, entstanden, als sich der Wagen in der Obhut der ersten Werkstatt befunden habe.

Diese Werkstatt lässt vortragen, dass der Schaden auf dem auch öffentlich zugänglichen Kundenparkplatz des Betriebsgeländes von dritter Seite entstanden sei. Es gehe dort eng zu. Ein Mitarbeiter der Werkstatt als «Täter» scheide aus. Auf dem Kundenparkplatz habe das Fahrzeug im Übrigen nur kurze Zeit gestanden. Auch eine Beteiligung eines anderen Werkstattfahrzeugs sei auszuschließen.

Mit seiner Klage zum Amtsgericht hatte der Kläger zunächst Erfolg, jedoch legte die Beklagte erfolgreich Berufung ein.

Nach Ansicht des Landgerichts Saarbrücken richten sich die Sicherungspflichten, die eine Werkstatt treffen müsse, nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte. Die Beklagte treffe jedenfalls eine sekundäre Darlegungslast, dass sie dieser nachgekommen sei. Es hätten sich an Werkstattfahrzeugen, aber auch an Fahrzeugen von Kunden, keine korrespondierenden Schäden gefunden. Eine ständige Überwachung des Fahrzeugs des Klägers und auch anderer Fahrzeuge sei ebenso wenig zumutbar, wie das Verbringen von Fahrzeugen in der Öffentlichkeit nicht zugängliche Bereiche. Etwas anderes könne gegebenenfalls beim Abstellen von Fahrzeugen über Nacht gelten. Hier sei aber nicht behauptet, dass der Schaden nachts eingetreten sei.

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Mit Urteil vom 08.08.2019 (VII ZR 34/18) entschied der Bundesgerichtshof (BGH):

  1. Einigen sich die Parteien nicht über die Preisbildung des neuen Einheitspreises für Mengenmehrungen gemäß § 2 Abs.3 Nr.2 VOB/B, so enthält der Vertrag eine Lücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen  ist.
  2. Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass der neue Einheitspreis auf Basis der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu bemessen ist.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde. Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit Abbrucharbeiten. Die VOB/B war vereinbart. Der Auftragnehmer hatte u. a. für “Entsorgung von Bauschutt, Abfallschlüssel-Nr. 170106” einen Einheitspreis von 462 Euro/t angeboten. Statt der ausgeschriebenen Menge von 1 t mussten 83,92 t entsorgt werden. Hierfür beanspruchte der Auftragnehmer den Einheitspreis von 462 Euro/t. Der Auftraggeber berechnete auf Basis der ihm vom Auftragnehmer mitgeteilten tatsächlichen Kosten für Transport, Containerstellung und Entsorgung von insgesamt rund 92 Euro/t zuzüglich des Zuschlags von 20% auf die Fremdkosten einen Einheitspreis von 109,88 Euro/t. Der Auftragnehmer nahm den Auftraggeber auf Zahlung des Einheitspreises in Anspruch. Das Oberlandesgericht Celle sah einen Einheitspreis von 150,40 Euro/t für die über 110% hinausgehende Mehrmenge als berechtigt an. Dieser setzt sich aus den veränderten Transport- und Entsorgungskosten in Höhe von insgesamt rund 92 Euro/t zuzüglich des Zuschlags von 20%, mithin 110,40 Euro/t sowie der unveränderten  Verladekosten in Höhe von 40 Euro/t zusammen. Mit der Revision verfolgte der Auftragnehmer seine Forderung weiter.

Die Revision blieb ohne Erfolg. Laut BGH regelt § 2 Abs.3 Nr.2 VOB/B nicht wie die Vergütungsanpassung vorzunehmen ist. Eine vorkalkulatorische Preisfortschreibung und damit den Erhalt des Vertragspreisniveaus sieht der Wortlaut der Klausel nicht vor. Die VOB/B legt die Verantwortung für die neue Preisbestimmung in die Hände der Vertragsparteien. Wenn und soweit sich die Parteien über die Preisbildung aber nicht einigen, enthält der Vertrag eine Lücke, welche im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden muss. Danach ist entscheidend, was die Vertragsparteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Unter Abwägung dieser beiderseitigen Interessen ergibt die ergänzende Vertragsauslegung, dass der neue Einheitspreis für Mehrmengen nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge zu bemessen ist. Der Auftragnehmer erhält so für die relevanten Mehrmengen eine auskömmliche Vergütung. Es widerspricht Treu und Glauben, würde der Auftragnehmer aufgrund der Mengenmehrung auf Kosten des Auftraggebers einen über die angemessenen Zuschläge hinausgehenden Gewinn erwirtschaften oder der Auftraggeber von einem für den Auftragnehmer unauskömmlichen Preis profitieren. Eines Rückgriffs auf die vorkalkulatorische Preisfortschreibung bedarf es nicht. Die im Wettbewerb zu Stande gekommene Vergütungsvereinbarung bleibt unangetastet, da es für die vertraglich vereinbarte Menge zuzüglich des Toleranzzuschlags von 10% bei der vereinbarten Vergütung verbleibt. Für die Bestimmung des neuen Preises gilt das Vertragspreisgefüge aber gerade nicht mehr.

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Eine 22 Jahre zurückliegende Beschäftigung löst kein Vorbeschäftigungsverbot für eine sachgrundlose Befristung des neuen Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber nach § 14 Abs.2 S.2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) aus. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 21. August 2019 (7 AZR 452/17).

Wird ein Arbeitnehmer 22 Jahre nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erneut bei demselben Arbeitgeber ohne Sachgrund befristet eingestellt, gelangt das in § 14 Abs.2 S.2 TzBfG normierte Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung grundsätzlich nicht zur Anwendung. Dies ergebe sich aus der verfassungskonformen Auslegung des § 14 Abs.2 S.2 TzBfG.

Das BAG folgt damit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juni 2018 (1 BvL 7/14 und1 BvR 1375/14). Danach kann das Vorbeschäftigungsverbot gemäß § 14 Abs.2 S.2 TzBfG insbesondere dann unzumutbar sein, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt. Eine Unzumutbarkeit in diesem Sinne liege vor, wenn keine Gefahr bestehe, dass strukturell unterlegene Beschäftigte durch Kettenbefristungen ausgenutzt werden und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Das BVerfG hatte in diesem Beschluss die vom BAG im Jahr 2011 entwickelte Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre als unzulässige richterliche Rechtsfortbildung eingestuft. In Reaktion darauf gab das BAG bereits mit Urteil vom 23. Januar 2019 (7 AZR 733/16) seine bisherige Rechtsprechung auf und entschied, dass eine acht Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung dem Verbot der sachgrundlosen Befristung unterfallen kann.

In dem nun aktuell zu entscheidenden Fall war die Klägerin bei der Beklagten in der Zeit vom 22. Oktober 1991 bis zum 30. November 1992 beschäftigt. Fast 22 Jahre später stellte die Beklagte die Klägerin zum 15. Oktober 2014 erneut ein. Das zunächst bis zum 30. Juni 2015 sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis wurde später bis zum 30. Juni 2016 verlängert. Einer weiteren Verlängerung des Vertrages stimmte die Beklagte nicht zu. Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage begehrte die Klägerin festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung am 30. Juni 2016 geendet hat. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht gab ihr statt, woraufhin die Beklagte in Revision vor das BAG ging. Die Revision hatte aus den genannten Gründen Erfolg. Das Verbot der sachgrundlosen Befristung könne demnach im Einzelfall dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt. Um einen solchen Einzelfall habe es sich im vorliegenden Rechtstreit gehandelt, da die Vorbeschäftigung der Klägerin bei der erneuten Einstellung durch die Beklagte 22 Jahre zurücklag.

Nach Einschätzung des ZDH ist die vorliegende BAG-Entscheidung zwar ein weiterer Schritt zur Konkretisierung der Frage, wie lange eine vorherige Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber zurückliegen muss, um in den Anwendungsbereich des Vorbeschäftigungsverbots des § 14 Abs.2 S.2 TzBfG zu fallen. Es fehlen aber weiterhin handhabbare Kriterien, um in der betrieblichen Praxis eine rechtssichere Beurteilung der Wirksamkeit einer Befristungsabrede vornehmen zu können. Nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung soll bei Vorliegen besonderer Umstände ein Zeitraum von acht Jahren zwischen Beendigung der Vorbeschäftigung und der Neueinstellung das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs.2 S.2 TzBfG auslösen, während es bei einer 22 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung nicht gelten soll, weil diese im Verhältnis zur Neueinstellung „sehr lange“ her ist. In dem Versuch, die Rechtsprechung des BVerfG zu vollziehen, droht das BAG mit dieser Rechtsprechung den Weg für eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen zu bereiten. Es ist zweifelhaft, ob dies zur Vorhersehbarkeit, Klarheit und Beständigkeit der Rechtsfindung beiträgt. Den Betrieben ist deshalb zu raten, sachgrundlose Befristungen nur dann zu vereinbaren, wenn sichergestellt ist, dass der jeweilige Arbeitnehmer noch niemals zuvor mit demselben Arbeitgeber ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen hat.

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Mit Urteil vom 07.02.2019, Az. VII ZR 63/18 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden:

  1. Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten.
  2. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin verlangte von dem Beklagten, der eine Kfz-Werkstatt betreibt, Schadensersatz i. H. v. 1.715,57 Euro mit der Behauptung, aufgrund fehlerhafter Arbeiten im Rahmen eines Wartungsvertrags seien Schäden an ihrem Pkw eingetreten. Im Januar 2016 beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der Wartung ihres Kraftfahrzeugs Volvo V 70. Im Zuge der Wartungsarbeiten tauschte der Beklagte unter anderem den Keilrippenriemen, den Riemenspanner und den Zahnriemen für die Motorsteuerung aus. Die Klägerin beglich die Rechnung des Beklagten. Die Klägerin behauptet, am 09.02.2016 seien erhebliche Probleme mit der Lenkung aufgetreten. Sie habe das Kraftfahrzeug in die Werkstatt L abschleppen lassen, weil der Beklagte unstreitig bis zum 10.02.2016 Betriebsferien gehabt habe. Dort habe sich herausgestellt, dass der Beklagte den Keilrippenriemen nicht richtig gespannt habe. Der aus diesem Grund gerissene Riemen habe sich um die Welle und das Gehäuse der Lichtmaschine gewickelt und diese beschädigt. Überreste des Riemens hätten sich um die Riemenscheibe der Servolenkungspumpe gewickelt mit der Folge, dass die Riemenscheibe gebrochen und die Dichtung der Servolenkungspumpe beschädigt worden sei. Zudem seien Teile des Riemens in den Riementrieb des Zahnriemens gelangt. Die Klägerin ließ Keilrippenriemen, Riemenspanner, Zahnriemen, Servolenkungspumpe und Lichtmaschine ersetzen. Mit der Klage hat die Klägerin Schadensersatz in Höhe der von der Werkstatt L unter dem 13.02.2016 hierfür in Rechnung gestellten Reparaturkosten von 1.715,57 Euro nebst Zinsen geltend gemacht.

Die Klage wurde in erster Instanz abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter. Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne keinen Schadensersatz für die Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe beanspruchen, weil es an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung fehle, ist unzutreffend.

Ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen der an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe eingetretenen Schäden ergibt sich aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB. Es handelt sich um einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung, der eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht erfordert.

Mit dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB kann Ersatz für Schäden verlangt werden, die aufgrund eines Werkmangels entstanden sind und durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden können. Hiervon erfasst sind mangelbedingte Folgeschäden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an dessen Vermögen eintreten.

Liegt eine Pflichtverletzung in Form einer mangelhaften Werkleistung vor, ist danach zwischen dem Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB und dem Schadensersatzanspruch neben der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu unterscheiden. Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst damit das Leistungsinteresse des Bestellers. Er erfordert zunächst grundsätzlich eine Fristsetzung zur Nacherfüllung, um dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit zur Erbringung der geschuldeten Werkleistung, also zur Herstellung des mangelfreien Werks, zu geben.

Demgegenüber sind gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB die über das Leistungsinteresse hinausgehenden Vermögensnachteile, insbesondere Folgeschäden an anderen Rechtsgütern des Bestellers als dem Werk selbst oder an dessen Vermögen, zu ersetzen. Für derartige Folgeschäden kommt die Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gem. §§ 634 Nr. 4, 281 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Denn der Zweck dieser Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, ein mangelfreies Werk herzustellen, kann nicht erreicht werden in Bezug auf Schäden, die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht zu beseitigen sind.

Bei den Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe handelt es sich um Folgeschäden in diesem Sinne, die gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen sind.

Die Einordnung eines Schadens als Folgeschaden, der durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht beseitigt werden kann, setzt zunächst voraus, dass im Wege der Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB die geschuldete Werkleistung ermittelt wird.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Beklagte mit der Wartung des Kraftfahrzeugs der Klägerin beauftragt. Ein Wartungsvertrag über ein Kraftfahrzeug beinhaltet regelmäßig dessen Überprüfung auf Funktions- und Verkehrstüchtigkeit im vereinbarten Umfang und damit insbesondere auch die Aufdeckung etwaiger Schäden der zu überprüfenden Bereiche. Auch der Austausch von Verschleißteilen kann davon umfasst sein. Die Reparatur von im Rahmen der Wartung aufgedeckten Schäden gehört dagegen nicht zur geschuldeten Leistung eines Wartungsvertrags. Sie ist nur bei einer entsprechenden Vereinbarung durchzuführen.

Im konkreten Fall haben die Parteien die Reparaturarbeiten, d. h. den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens spätestens mit der (konkludenten) Abnahme der ausgeführten Arbeiten seitens der Klägerin durch Abholung des Kraftfahrzeugs und Begleichung der Rechnung des Beklagten zum Gegenstand ihrer vertraglichen Vereinbarungen gemacht.

Die vom Beklagten geschuldete Werkleistung bestand danach in der ordnungsgemäßen Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des Austauschs des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens. Hierauf beschränkte sich indes auch die Leistungspflicht des Beklagten.

Demgegenüber handelt es sich bei den Schäden an der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe um Folgeschäden, die durch die mangelhafte Werkleistung des Beklagten – das mangelhafte Spannen des Keilrippenriemens – entstanden sind, und die durch eine Nacherfüllung der geschuldeten Werkleistung nicht mehr beseitigt werden können. Diese Schäden betreffen vielmehr zuvor unbeschädigte Bestandteile des Kraftfahrzeugs und nicht das geschuldete Werk selbst.

Denn hinsichtlich der Lichtmaschine und der Servolenkungspumpe geht es nicht um die Nacherfüllung der Wartung oder der vereinbarten Austauscharbeiten und hierdurch erforderlich werdende Maßnahmen, sondern um die Beseitigung weiterer, aufgrund der mangelhaften Werkleistung eingetretener Schäden am Kraftfahrzeug der Klägerin.

Allerdings geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass sich ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens aus §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB herleitet. Insoweit handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung, der grundsätzlich eine Fristsetzung zur Nacherfüllung erfordert.

Der Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB tritt an die Stelle der geschuldeten Werkleistung und erfasst das Leistungsinteresse des Bestellers. Die geschuldete Werkleistung ist dabei im Wege der Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Die Nacherfüllung erfasst danach die Beseitigung der Mängel des geschuldeten Werks, die auf einer im Zeitpunkt der Abnahme vorhandenen vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks beruhen.

Nach diesen Maßstäben sind die hier in Rede stehenden Austauschkosten unter den Voraussetzungen der §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB zu ersetzen.

Der Beklagte schuldete nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag die ordnungsgemäße Wartung des Kraftfahrzeugs einschließlich des Austauschs des Keilrippenriemens, des Riemenspanners und des Zahnriemens.

Soweit der Keilrippenriemen durch den mangelhaft ausgeführten Austausch – das mangelhafte Spannen – gerissen ist und deshalb dessen erneuter Austausch erforderlich wurde, betrifft dies den bei Abnahme vorhandenen Mangel des Werks. Die Beseitigung dieses Mangels wird von der Nacherfüllung erfasst, so dass die Kosten für den Austausch des Keilrippenriemens als Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach §§ 634 Nr.4, 280, 281 BGB zu ersetzen sind. Gleiches gilt hinsichtlich des Austauschs von Riemenspanner und Zahnriemen. Auch insoweit ist das geschuldete Werk betroffen. Ohne Belang ist, dass Riemenspanner und Zahnriemen bei Abnahme noch nicht mangelhaft waren. Denn der jeweilige Mangel hat seine Ursache in dem mangelhaften Spannen des Keilrippenriemens und damit in der vertragswidrigen Beschaffenheit des Werks bei Abnahme. Der erforderliche erneute Austausch wird damit ebenfalls von der Nacherfüllung erfasst, so dass sich der Ersatz der Austauschkosten nach §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB richtet.

Das Berufungsgericht hat indes nicht hinreichend erwogen, ob die danach grundsätzlich erforderliche Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. §§ 636, 281 Abs. 2 BGB entbehrlich ist, weil hier besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs rechtfertigen. Solche Umstände sind hier zu bejahen. Danach besteht ein besonderes Interesse der Klägerin an einer einheitlichen Reparatur, bei der die erforderlichen Austauscharbeiten im Zuge der Beseitigung der wirtschaftlich im Vordergrund stehenden Folgeschäden an der Lichtmaschine und der Servolenkung mit erledigt werden. Demgegenüber tritt das – grundsätzlich bestehende – Interesse des Beklagten an der Möglichkeit einer Nacherfüllung betreffend Keilrippenriemen, Riemenspanner und Zahnriemen zurück, zumal dies im Anschluss an die Reparatur allein der Folgeschäden ein aufwendiges Verbringen des Kraftfahrzeugs in die Werkstatt des Beklagten erfordert hätte.

Das Berufungsgericht wird nun die erforderlichen Feststellungen zu treffen und insbesondere zu klären haben, ob die von der Klägerin geltend gemachten Schäden auf einer mangelhaften Werkleistung des Beklagten beruhen.

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Auf die Vorabentscheidungsfrage eines spanischen Gerichts entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 14. Mai 2019, Az. C-55/18, dass die EU-Arbeitszeitrichtlinie und der Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber die Einrichtung eines Systems zur täglichen Arbeitszeiterfassung erfordern, mit dem die tägliche effektiv geleistete Arbeitszeit der Arbeitnehmer gemessen werden kann.

Zwar verlange die EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht die Normierung konkreter Maßnahmen, mit denen die Mitgliedstaaten die Umsetzung der in der Richtlinie vorgesehenen Rechte sicherstellen müssten. Vielmehr seien die Mitgliedstaaten frei, die „erforderlichen Maßnahmen” zu treffen. Es sei aber Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Arbeitgeber zu verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzurichten, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden könne. Ohne ein Arbeitszeiterfassungssystem könnten weder die Zahl der vom Arbeitnehmer tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden und ihre zeitliche Verteilung noch die Zahl der Überstunden objektiv und verlässlich ermittelt werden. Daher sei es für die Arbeitnehmer äußerst schwierig, wenn nicht gar praktisch unmöglich, ihre Rechte aus der EU-Arbeitszeitrichtlinie durchzusetzen. Die objektive und verlässliche Feststellung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sei für die Feststellung, ob die wöchentliche Höchstarbeitszeit einschließlich der Überstunden sowie die täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten eingehalten worden seien, unerlässlich. Ohne die Verpflichtungen zur Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit könnten die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in der EU-Arbeitszeitrichtlinie vorgesehenen Schutzrechte nicht umfassend gewährleistet werden. Ein Arbeitszeiterfassungssystem sei für die Arbeitnehmer ein wirksames Mittel, um an objektive und verlässliche Daten über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit zu gelangen. Es erleichtere überdies die Kontrollen der zuständigen Behörden und nationalen Gerichte, ob diese Rechte tatsächlich beachtet werden.

Nach der derzeitigen nationalen Gesetzeslage existiert allerdings bereits ein umfassender Rechtsrahmen zur Arbeitszeitaufzeichnung, sei es nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder dem Arbeitszeitgesetz. Eine Ausweitung der Arbeitszeiterfassung auf sämtliche Arbeitnehmer aller Branchen dürfte die Bürokratielasten, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen, nochmals erhöhen und könnte unter Umständen auch das Ende vieler flexibler Arbeitszeitabreden, wie etwa der Vertrauensarbeitszeit, bedeuten. Immerhin steht die Entscheidung des EuGH nicht der Möglichkeit entgegen, die Aufzeichnung der Arbeitszeit an die Beschäftigten zu delegieren. Auch ist darauf hinzuweisen, dass sich aus der EU-Arbeitszeitrichtlinie – mit Ausnahme des bezahlten Mindestjahresurlaubs – keine Schlussfolgerungen auf vergütungsrechtliche Regelungen ziehen lassen. Die Richtlinie regelt im Kern ausschließlich Fragen von Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten und Ruhepausen.

Dem Auftrag des EuGH folgend, sind nun die Mitgliedstaaten in der Pflicht zu prüfen, ob und welche konkreten Modalitäten zur Umsetzung der EuGH-Entscheidung in nationales Recht erforderlich sind. Anknüpfend an die Ausführungen des EuGH, dass auch die Größe der Unternehmen bei der Ausgestaltung nationaler Arbeitszeitregelungen berücksichtigt werden kann, wird sich der ZDH gegenüber der Politik dafür einsetzen, dass eventuell drohende Bürokratielasten vor allem für kleine und mittlere Handwerksbetriebe möglichst gering gehalten werden.

Anja Schliebe

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Zeiten unbezahlten Sonderurlaubs können bei der Berechnung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs unberücksichtigt bleiben. Mangels Arbeitspflicht stehe dem Arbeitnehmer für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Zu dieser Feststellung kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19. März 2019 (Az.: 9 AZR 315/17).

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1991 beschäftigt. Auf Wunsch der Klägerin gewährte ihr die Beklagte in der Zeit vom 1. September 2013 bis zum 31. August 2014 unbezahlten Sonderurlaub. Dieser wurde anschließend einvernehmlich bis zum 31. August 2015 verlängert. Nachdem der Sonderurlaub endete, forderte die Klägerin von der Beklagten die Gewährung ihres gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Arbeitstagen für das Jahr 2014. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass Urlaubsansprüche auch im ruhenden Arbeitsverhältnis entstünden. Eine Kürzung dieser Ansprüche sei unzulässig. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück, woraufhin die Klägerin Klage erhob. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil ab und sprach dieser für das Jahr 2014 Ersatzurlaub im Umfang des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs von 20 Tagen zu. Gegen diese Entscheidung ging die Beklagte in Revision vor das BAG.

Die Revision der Beklagten vor dem BAG hatte Erfolg. Nach Ansicht der Bundesarbeitsrichter steht der Klägerin für das Jahr 2014 kein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub zu.

Nach § 3 Abs.1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) stehe Arbeitnehmern bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche ein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von 24 Werktagen zu. Dies entspreche einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Verteile sich die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche, müsse die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten. Damit reduziere sich die Anzahl der Urtaubstage in dem Maße, in dem sich die Anzahl der kalenderwöchentlichen Arbeitstage verringere.

Bisher habe der Neunte Senat des BAG in seiner ständigen Rechtsprechung diese Umrechnung in Fällen der vollständigen Aufhebung der Arbeitspflicht während eines unbezahlten des Sonderurlaubs nicht vorgenommen (vgl. BAG, Urteil vom 6. Mai 2014, Az.: 9 AZR 678/12). An dieser Rechtspraxis möchte der BAG-Senat künftig nicht mehr festhalten. Vielmehr sei bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung eines unbezahlten Sonderurlaubs vorübergehend ausgesetzt hätten. Diese Betrachtung führe dazu, dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befinde, mangels Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zustehe. Mit der vorliegenden Entscheidung vollzieht der Neunte Senat des BAG eine Kehrtwende zu seiner bisherigen Rechtsprechung.

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Die Regelung des § 17 Abs.1 S.1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), die eine Kürzungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen während der Elternzeit vorsieht, ist europarechtskonform. Der gesetzliche Urlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs.1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) besteht zwar auch während der Elternzeit. Der Arbeitgeber kann diesen Urlaubsanspruch jedoch gemäß der im Einklang mit der im Unionsrecht stehenden Regelung des § 17 Abs.1 S. 1 BEEG rechtmäßig kürzen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19. März 2019 entschieden (Az.: 9 AZR 362/18).

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. Juni 2001 als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. In der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 15. Dezember 2015 befand sie sich durchgehend in Elternzeit. Im März 2016 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und begehrte unter Einbeziehung der während der Elternzeit entstandenen Urlaubsansprüche, ihr für den Zeitraum der Kündigungsfrist bis Ende Juni 2016 Urlaub zu gewähren. Mit Schreiben vom 4. April 2016 erteilte die Beklagte der Klägerin Urlaub, lehnte aber Urlaubsansprüche für den auf die Elternzeit anfallenden Zeitraum ab.

Dies veranlasste die Klägerin zur Klage, in der sie zuletzt noch die Abgeltung von 89,5 Arbeitstagen Urlaub aus der Zeit ihrer Elternzeit geltend machte. Sie vertrat die Ansicht, dass die Kürzungsmöglichkeit des § 17 Abs.1 S.1 BEEG gegen Europarecht verstößt, da durch die Elternzeit der unionsrechtlich gewährleistete Mindestjahresurlaub und der damit verfolgte Erholungszweck nicht erfüllt werden könnten. Außerdem liege ein Verstoß gegen die europarechtliche Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub vor. Danach seien die zu Beginn eines Elternurlaubs bestehenden Rechte der Arbeitnehmer unantastbar.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Gegen die klageabweisenden Urteile ging die Klägerin in Revision vor das BAG.

Die Klägerin war mit ihrer Klage auch vor dem BAG erfolglos. Nach Auffassung der Bundesarbeitsrichter hat die Beklagte die Urlaubsansprüche der Klägerin aus den Jahren 2013 bis 2015 mit Schreiben vom 4. April 2016 wirksam gekürzt. Die Kürzungsberechtigung ergebe sich aus § 17 Abs.1 S.1 BEEG. Diese Norm erlaube es dem Arbeitgeber, den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. Beabsichtige der Arbeitgeber, von der ihm durch § 17 Abs.1 S.1 BEEG eingeräumten Befugnis zur Urlaubskürzung während der Elternzeit Gebrauch zu machen, müsse er eine darauf gerichtete empfangsbedürftige rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer abgeben. Dafür genüge es, dass es für den Arbeitnehmer erkennbar sei, dass der Arbeitgeber von dieser Kürzungsmöglichkeit Gebrauch machen wolle. Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasse auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für diesen keine von § 17 Abs.1 S.1 BEEG abweichende Regelung vereinbart haben. Hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Abs.1 S.1 BEEG mit dem Unionsrecht bestehen nach den Feststellungen des Gerichts keine Bedenken. 

Die vorliegende BAG-Entscheidung beseitigt die rechtlichen Unsicherheiten, die mit der Anwendung von § 17 Abs.1 S.1 BEEG verbunden waren. Zwar lässt das BAG erkennen, dass der Arbeitgeber seine Absicht zur Urlaubskürzung nicht ausdrücklich erklären muss. So könne es bereits ausreichen, wenn sich der Kürzungswille für den Arbeitnehmer allein aus den Umständen ergebe. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist Arbeitgebern, die von der Möglichkeit zur Urlaubskürzung während der Elternzeit Gebrauch machen möchten, jedoch anzuraten, eine ausdrückliche Kürzungserklärung gegenüber dem Arbeitnehmer abzugeben. Dies kann bereits zusammen mit der arbeitgeberseitigen Elternzeitbestätigung geschehen.

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