Arbeitsrechtliche Folgen wegen des Corona-Virus

Überblick

Die beigefügten Ausführungen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) unter dem Titel „Arbeitsrechtliche Folgen einer Pandemie“ geben einen Überblick über arbeitsvertragliche Folgen, wenn Arbeitnehmer wegen des Coronavirus nicht beschäftigt werden und über die Auswirkungen auf Entsendungen von Arbeitnehmern in das Ausland. Zudem wird dargestellt, welche Vorbereitungshandlungen getroffen werden können, um innerbetriebliche Folgen möglichst einzugrenzen und auch datenschutzrechtliche Aspekte werden erörtert. Der nachstehende Auszug gibt Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen.

Entgeltfortzahlungsanspruch

Ist der Arbeitnehmer infolge der Viruserkrankung arbeitsunfähig, so hat er Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung nach § 3 Abs.1 EFZG. Allerdings kommt ein Entgeltfortzahlungsanspruch nur dann in Betracht, wenn den Arbeitnehmer hinsichtlich der Erkrankung kein Verschulden trifft. Ein Verschulden kommt u.a. in Betracht, wenn der Mitarbeiter im Rahmen einer Privatreise gegen eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes verstoßen hat. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers die für die Entstehung der Krankheit erheblichen Umstände im Einzelnen darzulegen. Verletzt der Arbeitnehmer diese Mitwirkungspflichten, so geht dies zu seinen Lasten. Insoweit ist der Arbeitgeber berechtigt, aus einem privaten Auslandsaufenthalt zurückkehrende Arbeitnehmer daraufhin zu befragen, ob sie sich in einer gefährdeten Region oder an Orten mit einem deutlich erhöhten Ansteckungsrisiko aufgehalten haben. Der Anspruch ist dabei regelmäßig auf eine Negativauskunft beschränkt. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, Auskunft über den genauen Aufenthaltsort zu geben.

Behördliche Maßnahmen und Entschädigung

Im Falle des Ausbruchs einer Pandemie kann die zuständige Behörde diverse Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) treffen. Hervorzuheben sind dabei die Quarantäne und das berufliche Tätigkeitsverbot gemäß §§ 30, 31 IfSG. Gemäß § 56 Abs. 1 IfSG erhält derjenige, der als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG beruflichen Tätigkeitsverboten unterliegt oder unterworfen ist und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, eine Entschädigung in Geld. Das gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert werden (Quarantäne), bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Maßnahmen nicht befolgen können. Hinsichtlich der einzelnen Begriffsbestimmungen wird auf § 2 IfSG verwiesen.

Die Entschädigung erfolgt in Höhe des Krankengeldes, das auch die gesetzliche Krankenkasse zahlen würde: Das sind 70 Prozent des Bruttogehalts, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts. Zudem ist die Summe auf 109,38 Euro pro Tag gedeckelt (Stand 2020).

Gemäß § 56 Abs. 5 IfSG hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, jedoch längstens für sechs Wochen die Entschädigung anstelle der zuständigen Behörde auszuzahlen. Der Arbeitgeber hat dann gegen die Behörde einen Erstattungsanspruch gem. § 56 Abs. 5 IfSG. Der Antrag ist gem. § 56 Abs. 11 IfSG innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung geltend zu machen. Gem. § 56 Abs. 12 IfSG ist dem Arbeitgeber ein Vorschuss zu gewähren. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag der betreffenden Einzelperson gewährt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kommt ein solcher Entschädigungsanspruch allerdings nur dann aus Billigkeitsgründen in Betracht, wenn der Arbeitnehmer einen Entgeltausfall erleidet. Dies soll nicht der Fall sein, wenn der Arbeitgeber aus anderen gesetzlichen oder vertraglichen Gründen zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet ist. Nach Ansicht des BGH kann ein Beschäftigungsverbot gem. § 31 IfSG ein in der Person des Arbeitnehmers liegendes, unverschuldetes Leistungshindernis nach § 616 BGB darstellen und dementsprechend einen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung begründen. Hinderungsgrund sei auch in diesem Fall die von dem Betroffenen ausgehende Ansteckungsgefahr.

Den Arbeitgeber belaste die Lohnfortzahlungspflicht während des Tätigkeitsverbotes nach § 616 BGB nach Ansicht des BGH nicht unbillig. Besteht der Verdacht einer Ansteckung eines Arbeitnehmers, so dürfe der Arbeitgeber ihn auch ohne ein behördliches Verbot nicht beschäftigen. Es obliege dem Arbeitgeber, diesen Arbeitnehmer von seiner Leistungspflicht zu entbinden und ihm unter Fortzahlung seiner Vergütung den Zugang zum Betrieb zu verweigern. Schließlich stelle der auszuschließende Arbeitnehmer eine hinreichende Gefahr für Leben oder Gesundheit der übrigen Arbeitnehmer dar, der der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht entgegenwirken müsse.

Die Pflicht zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach § 616 BGB kann durch Einzel- oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden. In diesem Fall lebt die Entschädigungspflicht der jeweils zuständigen Behörde unmittelbar wieder auf . Nur im Ausbildungsverhältnis ist eine solche Abbedingung durch §§ 19, 25 BBiG untersagt.

Überstunden

Der Arbeitgeber ist in besonderen Situationen, wie z. B. in Notfällen, berechtigt, Überstunden einseitig anzuordnen. Aufgrund seiner arbeitsvertraglichen Treuepflicht ist der Arbeitnehmer in diesen Situationen verpflichtet, Arbeiten auch über das arbeitsvertraglich Vereinbarte hinaus zu übernehmen.

Unter einer „Notlage“ versteht das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine ungewöhnliche Gefährdung der Betriebsanlagen, der Waren oder der Arbeitsplätze. Darüber hinaus hat das BAG auch die Gefährdung der termingerechten Abwicklung eines Auftrags mit den o. g. Folgen als besondere Situation anerkannt. Der Anordnung des Arbeitgebers darf sich der Arbeitnehmer dann nicht verschließen, wenn der Verzug der Abwicklung vom Arbeitgeber nicht verschuldet ist und der Arbeitnehmer bisher Überstunden geleistet hat.

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