Im Juni 2013 haben die Handwerkskammern Berlin, Cottbus, Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg sowie Potsdam zahlreiche Handwerksunternehmen zum aktuellen Thema “Ausbildung” befragt. Wesentlicher Teil waren sowohl Fragen zur gegenwärtigen und zukünftigen wirtschaftlichen Situation sowie Fragestellungen zur monentanen Ausbildungssituation in Berlin-Brandenburg. Ihre Beteiligung an dieser Umfrage half uns die aktuelle Situation und die voraussichtliche Entwicklung darzustellen, Probleme zu erkennen und Lösungsansätze abzuleiten. Unter anderem waren die folgenden Fragen zu beantworten:
- Wurde in Ihrem Betrieb schon einmal ausgebildet?
- Gibt es Einflussfaktoren, die die Entscheidung für eine Ausbildung in Ihrem Betrieb grundsätzlich erschweren?
- Bildet Ihr Betrieb derzeit aus?
- Bildet Ihr Betrieb über den eigenen Fachkräftebedarf aus?
- Wie wird sich Ihre Ausbildungsleistung in diesem Jahr im Vergleich zu 2012 voraussichtlich entwickeln?
- Welche Faktoren spielen für Ihre Ausbildungsentscheidung in diesem Jahr eine besondere Rolle?
- Wie gewinnen Sie Ihre Auszubildenden?
- Haben Sie bereits Jugendliche aus dem Ausland in Ihrem Betrieb ausgebildet?
- Wären Sie zukünftig bereit, Jugendlichen aus dem Ausland in Ihrem Betrieb einen Ausbildungsplatz anzubieten?
- Wie hat sich die Zahl der vorzeitig gelösten Ausbildungsverträge in Ihrem Betrieb in den vergangenen drei Jahren entwickelt?
- Von welcher Seite gingen vorzeitige Lösungen von Ausbildungsverträgen in den vergangenen drei Jahren häufiger aus?
Wir haben die Umfrageergebnisse ausgewertet und wollen Sie Ihnen gern zur Verfügung stellen. Die Vorstellung der Ergebnisse erfolgte am 15. August 2013 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Den vollständigen Überblick entnehmen Sie bitte dem Download auf diesen Seiten. Wir danken den teilnehmenden Unternehmen.
Zusammenfassung wirtschaftliche Situation
- Mit aktuell 87 Prozent (Vorjahr: 86 Prozent) beurteilt erneut ein erfreulich hoher Anteil der Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg ihre gegenwärtigen Geschäftsergebnisse als zumindest zufrieden stellend bzw. saisonüblich, darunter 37 Prozent (Vorjahr: 38 Prozent) mit gut. Dabei setzen sich die zu beobachtenden stärkeren Differenzierungen der Geschäftsentwicklung nach Gewerkegruppen fort. Besonders gute Geschäftsergebnisse meldet, wie bereits im Vorjahr, das Ausbaugewerbe. Ähnlich gut fiel die Beurteilung in der Gruppe der Personenbezogenen Dienstleistungen und im Bauhauptgewerbe aus. Die Geschäftslage in den Lebensmittelhandwerken zeigt sich gegenüber der Vorjahreserhebung deutlich eingetrübt. Offenkundig verschärft sich der Wettbewerb mit dem Lebensmitteleinzelhandel weiter und führte in der Bewertung nicht mehr zu einer guten Einschätzung der Geschäftslage. Neben dem Nahrungsmittelhandwerk überwiegen auch im Gesundheitsgewerbe die Negativmeldungen. Die Beurteilung der Geschäftsergebnisse fällt in Handwerksbetrieben mit 10-49 Beschäftigten besonders gut aus.
- 5 Prozent mehr als im Vorjahr und damit jedes fünfte Unternehmen schätzten ein, dass die Auftragsnachfrage in den letzten sechs Monaten gestiegen ist. 55 Prozent berichten von einer gleich bleibenden Nachfrage, am stabilsten zeigt sich die Gruppe der Personenbezogenen Dienstleistungen mit 64 Prozent gleich bleibender Nachfrage. Obwohl die Mehrzahl der Befragten den aktuellen Auftragsbestand als ausreichend und saisonüblich einschätzt, halten ihn dennoch 22 Prozent für zu gering. Dies trifft insbesondere für die Lebensmittelhandwerke und die Handwerke des gewerblichen Bedarfs zu.
- Der Auftragsbestand ist bei 13 Prozent (Vorjahr: 10,5 Prozent) der Befragten verhältnismäßig hoch, bei 65 Prozent (Vorjahr: 64 Prozent) ausreichend bzw. saisonüblich und für 22 Prozent der Befragten zu gering.
- Die Auftragsreichweite ist besonders im Bauhauptgewerbe mit 14,3 Wochen (Vorjahr: 11,4 Wochen), im Ausbaugewerbe mit 8,5 Wochen (Vorjahr: 7,6 Wochen) und bei den Handwerken des gewerblichen Bedarfs mit 11,0 Wochen (Vorjahr: 8,1 Wochen) als sehr gut zu bezeichnen, und im Vergleich zum Vorjahr leicht steigend. Der Auftragsbestand bei den Handwerksbetrieben mit 50 und mehr Beschäftigten beläuft sich auf 16 Wochen (Vorjahr: 19 Wochen) und es wird erneut deutlich, dass insbesondere die Berlin nahen Landkreise von einem guten Auftragsbestand berichten.
- Im Kammerbezirk Frankfurt (Oder) ist von einer hohen Beschäftigungsstabilität auszugehen. 72 Prozent der Befragten hielten in den letzten 6 Monaten ihren Personalbestand konstant. 13 Prozent der Inhaber haben ihre Beschäftigung ausgeweitet, allerdings auch 15 Prozent eingeschränkt. Letzteres ist im Nahrungsmittelhandwerk und in dem Gesundheitsgewerbe bei mindestens jedem fünften Betrieb signifikant.
- Auch im Ergebnis der diesjährigen Umfrage überwiegt der Anteil der Betriebe mit Umsatzeinbußen den Anteil derer mit Umsatzzuwächsen. Im Vorjahresvergleich berichten 19 Prozent über gestiegene Umsätze. Dagegen mussten auch 28 Prozent der Befragten Umsatzrückgänge in Kauf nehmen. Für nahezu jeden Zweiten blieben die Umsätze dagegen gleich bleibend. Die beste Beurteilung kommt erfreulicherweise aus dem Kfz – Gewerbe. Jeder Vierte (Vorjahr 6 Prozent) berichtet von gestiegenen Umsätzen, 57 Prozent von konstanten und 18 Prozent von gesunkenen Umsätzen.
- Die Investitionsneigung der Handwerksbetriebe bewegt sich nahezu auf Vorjahresniveau. Auffällig ist in den letzten sechs Monaten die gesunkene Investitionsbereitschaft des Nahrungsmittelgewerbes in Höhe von 62,5 Prozent (Vorjahr 38,5 Prozent), bei gleichzeitig Erhöhung von Investitionsaktivitäten auf 25,0 Prozent (Vorjahr: 23 Prozent), sodass lediglich bei 12,5 Prozent von einer gleich bleibenden Investitionstätigkeit ausgegangen werden kann. Die höchste Investitionsbereitschaft ist in den letzten 6 Monaten im Gesundheitsgewerbe zu verzeichnen. Bezogen auf die Beschäftigtengrößenklassen investieren die Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten am meisten.
Ausbildung
- Von den insgesamt 244 an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen gaben 180 Betriebe (80,4 Prozent) an, schon einmal ausgebildet zu haben. 162 Betriebe haben davon derzeit Lehrlinge in der Ausbildung. Das entspricht einem Anteil von 74,7 Prozent. In Betrieben mit einer Anzahl ab 10 Beschäftigten werden dabei häufiger Lehrverträge abgeschlossen als in kleineren Unternehmen. Nicht die Anzahl der freien Lehrstellen sondern die fehlenden Jugendlichen bilden derzeit und sicher auch künftig den Engpassfaktor.
- Ein immer wieder im Fokus der politischen Diskussionen stehender Schwerpunkt ist die Ausbildungsreife der Schulabgänger. Im Rahmen der Sonderumfrage hat die Hälfte der Befragten angegeben, Schwierigkeiten bei der Suche nach einem geeigneten Lehrstellenbewerber zu haben. Mit deutlichem Abstand (27,8 Prozent) folgt die unklare wirtschaftliche Situation der befragten Betriebe (2012 waren es noch 32 Prozent), welche als Einflussfaktor für eine Entscheidung zur Ausbildung angeben wurde. 34 Unternehmen schätzen die Ausbildung als zu teuer ein und nur 3 Unternehmen bemängeln, keine ausreichenden Informationen zur Ausbildung zu haben. (Mehrfachnennung möglich)
- Selbst ausbilden – das ist eine wichtige Strategie um den Eigenbedarf an Fachkräften im Unternehmen abdecken zu können. Dabei geben 118 Betriebe (59,3 Prozent) an, nicht über den eigenen Fachkräftebedarf auszubilden. 19 Unternehmen (9,5 Prozent) würden gern über den eigenen Bedarf ausbilden, wenn sie geeignete Bewerber finden würden. Die Bereitschaft über den eigenen Bedarf auszubilden steigt dabei mit zunehmender Beschäftigtenzahl. 65 Prozent der befragten Betriebe werden in diesem Jahr mindestens einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen.
- Die Ursachen für den Bewerbermangel liegen nicht nur an der rückläufigen Schulabgängerzahl. Den Jugendlichen steht heute ein breites Angebot zur beruflichen Qualifikation zur Verfügung. Eltern und Schüler sind damit teilweise völlig überfordert. Viele Berufe sind nicht bekannt, die Schulabgänger haben keine Vorstellungen von den Tätigkeiten und dem Berufsalltag. Im Rahmen der Sonderumfrage Ausbildung wurde eruiert, wie Betriebe Schüler auf die Möglichkeit der Ausbildung im Unternehmen aufmerksam machen. 115 Betriebe (67,3 Prozent) gewinnen die Lehrlinge durch „Mund zu Mund Propaganda“ – wobei dies vor allem auf Betriebe im ländlichen Bereich zutrifft (MOL und UM). Erfreulich ist, dass 23,4 Prozent der Befragten (40 Betriebe) bereits in den Schulen vor Ort bei den Berufsorientierungsveranstaltungen erste Kontakte zu Schülern aufnehmen und 58,5 Prozent der Unternehmen Praktika für Schüler durchführen. Die Lehrstellenbörse der HWK zur Veröffentlichung freier Lehrstellenangebote wird leider nur von 23,4 Prozent der Betriebe genutzt. 87 Unternehmen (50,9 Prozent) geben an, bei der Gewinnung von künftigen Lehrlingen den Service der Agentur für Arbeit zu nutzen.(Mehrfachnennung möglich)
- Lehrlinge aus dem Ausland auszubilden stellt für die Betriebe zunehmend eine Option dar. Neben der fachlichen Ausbildung sind dabei der Spracherwerb sowie die Integration wesentliche Schwerpunkte. Gerade kleine Betriebe können eine solche Betreuung allerdings oft alleine nicht leisten. 3,8 Prozent der Befragten haben bereits einen ausländischen Jugendlichen ausgebildet und 38,5 Prozent wären bereit mit Lehrstellenbewerbern aus dem Ausland einen Ausbildungsvertrag ab zu schließen. Als Grund für eine Entscheidung gegen einen ausländischen Lehrling nennen über 50 Prozent der Betriebe mangelhafte Sprachkompetenzen der Jugendlichen und dass dem Betrieb häufig die Erfahrungen bei der Ausbildung von Ausländern fehlen. (Mehrfachnennung möglich)
- Lehrlinge deren Ausbildungsvertrag vorzeitig gelöst wird, steigen in der Mehrzahl nicht völlig aus der Berufsausbildung aus. Viele beginnen noch einmal neu ein Lehrverhältnis oder setzen die Ausbildung in einem anderen Unternehmen fort. Als Ergebnis der Befragung, wie sich die Zahl der gelösten Ausbildungsverträge in den letzten 3 Jahren entwickelt hat, gaben 108 Betriebe (58,7 Prozent) an, keine Vertragslösungen zu verzeichnen. 9,8 Prozent der Handwerksunternehmen geben an, dass die Zahl der vorzeitigen Lösungen gesunken ist. Die Gründe für die Lösungen lagen dabei bei 37,5 Prozent der Befragten in der betrieblichen Sphäre und bei 36,1 Prozent der Betriebe erfolgten die Lösungen durch den Lehrling.
Stand: August 2013