verdict-3667391
Diskriminierung wegen des Geschlechts: Ein Gericht hat einer Kosmetikerin einen Anspruch auf 6.000 Euro Schadenersatz gegen einen Versicherer zugesprochen. Das Urteil ist für (werdende) selbstständige Mütter von großer Bedeutung.
Das Landgericht Hannover hat entschieden, dass der Ausschluss von Versicherungsleistungen bei Schwangerschaft, Fehlgeburt, Schwangerschaftsabbruch oder Entbindung eine unmittelbare Geschlechterdiskriminierung darstellt. „Die Bedeutung für werdende selbstständige Mütter ist groß“, sagt Johanna Röh vom Verein „Mutterschutz für alle“. Das Urteil des Landgerichts setze einen neuen Maßstab für Versicherungsbedingungen.
Worum geht es: Eine Kosmetikerin plante eine zweiten Schwangerschaft und wollte eine Inhaberausfallversicherung abschließen. In den Versicherungsbedingungen hieß es, dass kein Versicherungsschutz bestehe bei „Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt und Entbindung“. Das wollte die selbstständige Handwerkerin so nicht hinnehmen – mit Erfolg.
Das Landgericht erkannte darin eine Benachteiligung der Kosmetikerin im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Indem das Versicherungsunternehmen in seiner Inhaberausfallversicherung den Leistungsumfang für den Versicherungsfall „Krankheit“ dahin einschränkt, dass Arbeitsunfähigkeiten aufgrund von Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Fehlgeburt und Entbindung ausgenommen sind, werde, so das Gericht, sei der Leistungsumfang der konkreten Versicherung allein für Frauen, eingeschränkt.
Für eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts genüge es, wenn bereits der wesentliche Grund für die Schlechterstellung ausschließlich für Personen eines der beiden Geschlechter gelte. Dies sei etwa bei der Schwangerschaft der Fall, da diese ausschließlich mit dem weiblichen Geschlecht verbunden sei. Es handele sich damit um eine Diskriminierung wegen des Geschlechts, die einer Rechtfertigung nicht zugänglich sei. Das Urteil bezieht sich auf die EuGH-Unisex-Entscheidung von 2011, die eine geschlechtsneutrale Ausgestaltung von Versicherungsprämien verlangt.
Quelle: Deutsches Handwerksblatt