Kurzarbeit “Null” rechtfertigt eine Kürzung von Urlaubsansprüchen

Am 18. März informierten wir in dem Beitrag Geringerer Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit „Null“ über die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG) vom 12. März 2021 (Az.: 6 Sa 824/20) zur Kürzungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit. In der nun vorliegenden Urteilsbegründung hob das LAG hervor, dass für Zeiträume, in denen Arbeitnehmer aufgrund konjunktureller Kurzarbeit „Null“ keine Arbeitspflicht haben, der jährliche Urlaubsanspruch anteilig zu kürzen ist.

Das LAG folgte dem Urteil der ersten Instanz und wies die Klage ebenfalls ab. Nach den Feststellungen des Gerichts hat die Klägerin wegen der in den drei Monaten vorherrschenden Kurzarbeit „Null“ für diesen Zeitraum keine Urlaubsansprüche erworben. Ein Urlaubsanspruch stehe ihr für das Jahr 2020 daher nur in einem gekürzten Umfang zu.

Zwar setze der Urlaubsanspruch gemäß der Vorschriften der §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass nach § 3 Abs. 1 BUrlG die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu bestimmen sei. Bei der Ermittlung des Urlaubsanspruchs sei auf die für das gesamte Urlaubsjahr arbeitsvertraglich vorgesehene Verteilung der Arbeitszeit abzustellen. Komme es zu einem unterjährigen Wechsel, sei der Anspruch für das betreffende Kalenderjahr entsprechend der Wochentage mit Arbeitspflicht umzurechnen. Diese Berechnungsweise gelte in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch für Zeiten von Kurzarbeit „Null“. Im Übrigen habe auch der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auf der Prämisse beruhe, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Referenzzeitraums auch tatsächlich gearbeitet habe. Demnach könne ein Urlaubsanspruch nur für Zeiträume erworben werden, in denen eine Arbeitsleistung erbracht wurde.

Das LAG hebt zudem hervor, dass es mehrere Fallgestaltungen gebe, in denen eine Suspendierung der Arbeitspflicht zu einer Verminderung des Urlaubsanspruchs führe, so etwa bei unbezahltem Sonderurlaub oder auch während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell. Im vorliegenden Verfahren schließe sich das Gericht den Ausführungen des LAG Hamm vom 30. August 2017 (Az.: 5 Sa 626/17) an, wonach während Kurzarbeit „Null“ im gesamten Kalenderjahr kein Urlaubsanspruch entstehe. Im Einklang mit der herrschenden Literaturmeinung sei daher in der Folge davon auszugehen, dass konjunkturelle Kurzarbeit „Null“ wie andere Teilzeittatbestände zu einer Kürzung des Urlaubsanspruchs führen. Mit der Kurzarbeit gehe eine Verkürzung der normalen Arbeitszeit einher, weil der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung zu erbringen habe.

Zugleich weist das LAG darauf hin, dass es keine gesetzlichen Normen gebe, die der Kürzung eines Urlaubsanspruchs aufgrund von Kurzarbeit entgegenstehen. Weder die Regelungen des BUrlG noch die Regelungen des SGB III stünden dem entgegen. Insbesondere führt das Gericht hinsichtlich § 96 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 SGB III aus, dass diese Norm nur dann eingreife, soweit arbeitsrechtlich Urlaub erteilt werden könne und sich aus ihr daher nicht ableiten lasse, in welcher Höhe ein Urlaubsanspruch entstehe. Zwar stelle Kurzarbeit keine planbare Freizeit dar. Für die Frage der Entstehung des Urlaubsanspruchs sei aber allein auf die Arbeitspflicht abzustellen, nicht hingegen auf die Erholungsmöglichkeit.

Bewertung

Ob Urlaubsansprüche während Kurzarbeitszeiten entstehen, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Das vorliegende Urteil deckt sich mit der überwiegenden Auffassung im Schrifttum sowie der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 8. November 2012, Az.: C-229/11). Urlaubsansprüche können demnach nur dann entstehen, wenn auch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht wurde.

Das LAG hat in der vorliegenden Rechtssache die Revision zugelassen. Das BAG ist daher berufen, diese Frage abschließend zu entscheiden.

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