„Man muss kein Überflieger sein“

INSTRUMENTENBAU Eigentlich ist Gerald Labitzke ein Draußenmensch. Gern wäre er Biologe geworden. Stattdessen wurde der damalige Skateboardfahrer und Hip-Hop-Hörer Geigenbauer.

Auf seiner Werkbank liegen Hobel in Briefmarkengröße. Eine Ziehklinge zischt über helles Holz. Gerald Labitzke aus Lebus bearbeitet den Resonanzboden für eine neue Geige. „Meine Hauptarbeit sind Reparaturen. Angesichts der Vielzahl von Orchestern hat meine Zunft genug zu tun“, sagt der Geigenbauer. „In der Coronazeit gab es für mich sogar ein kleines Auftragsplus, denn schon im ersten Lockdown wurden lange ungenutzte Instrument neu entdeckt.“

„Musik spielte in unserer Familie eine große Rolle. Meine Schwestern spielten Klavier und Flöte, mein Vater als Pfarrer im Posaunenchor. Großvater spielte Trompete und Geige.“ Bei ihm erlebte Gerald Labitzke früh, dass Musikalität und handwerkliche Qualität eine schöne Symbiose bilden können. „Großvater werkelte immer in seiner Werkstatt und ich schaute ihm da oft über die Schulter.“

Ein Sonderling, der lieber Skateboard fuhr

Der 37-jährige selbst spielt Cello und Schlagzeug. „Aber das ich mal Instrumenten bauen würde? Ich hatte als Kind die Filme des Naturforschers Jaques Cousteau gesehen. Seitdem wollte ich Biologe werden. Ich war ein Draußenmensch. Und keine Leuchte in der Schule. Also was machen nach dem Abschluss? Meine Mutter meinte, ich sollte mich bei einer Instrumentenbauschule bewerben. Ich fuhr nach Klingenthal. Da kamen Leute, reif für ein Musikstudium. Ich dachte, das wird nichts. Aber als wir zeigen mussten, wer mit Säge, Hobel und Stechbeitel umgehen konnte, nahmen die mich.“

Ein Enthusiast war er damals nicht. Eher ein Sonderling, der lieber Skateboard fuhr und Hip-Hop hörte. Der das erste Lehrjahr langweilig fand, „weil wir da nur an drei, vier Korpussen rumbauten.“ Der erst im zweiten Lehrjahr seinen ersten Hals samt Schnecke herstellte. Und der das alles ziemlich frustrierend fand. Aber doch die wichtigste Lektion lernte: „Gutes Handwerk braucht Geduld!“ Und im dritten Lehrjahr, als er sein erstes Instrument lackierte und spielfertig machte, begriff: Man muss in der Schule kein Überflieger sein, um ein guter Instrumentenbauer zu werden. Gerald Labitzke schloss die Lehre als zweitbester seines Jahrgangs ab.

„Ich habe kein Atelier, ich habe eine Werkstatt“

Instrumentenbauer, die sich selbst als Künstler gerieren, sind Gerald Labitzke stets suspekt geblieben. Für ihn ist eine Geige ein Klangwerkzeug, kein Kunstobjekt. Demzufolge hat Gerald Labitzke auch kein Geigenbau-Atelier, sondern ist stolz auf eine „Werkstatt, in der Geigen gebaut und repariert werden.“ Das ist etwas, das jeder lernen kann. Denn wir bauen Instrumente nach international anerkannten Normen: Deckenmensur, Position des Bassbalkens, des Stimmstockes. Erst wenn alles fertig ist, beginnt die Feinstarbeit, die Klangeinstellung. Sie werden es mir nicht glauben, aber ich habe mein Handwerk von einem Lehrmeister erlernt, der nicht ein einziges Instrument spielen konnte.  Mirko Schwanitz

 

Labitzke Geigenbau

Gerald Labitzke

Schönfließer Str. 40,

15326 Lebus

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