Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und handwerkliche Zulieferer

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen in ihren Lieferketten menschenrechtliche und bestimmte umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Die zu erfüllenden Pflichten sind nach den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten abgestuft, je nachdem, ob es sich um den eigenen Geschäftsbereich, einen direkten Vertragspartner oder einen mittelbareren Zulieferer handelt.

Das Gesetz gilt seit dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten. Ab dem 1. Januar 2024 sind Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten betroffen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten nicht erfüllen.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) legt zwei Handreichungen für die Umsetzung des LkSG mit Blick auf kleine und mittelständische Zulieferer vor, die die Auffassung des ZDH bestätigen, dass viele verpflichtete Großunternehmen mit umfassenden und undifferenzierten LkSG-Verhaltenskodizes an ihre Zulieferer über das Ziel des Gesetzes hinausschießen.

Das BAFA, das für die Umsetzung des LkSG zuständig ist, hat zum 1. Juli 2023 die bereits längere Zeit angekündigten und von uns dringlich angemahnten Erläuterungen/Hilfestellungen zur Umsetzung des LkSG bei Zulieferern vorgelegt. Sie finden beide Dokumente in der Anlage oder auf der Internetseite des BAFA.

Der aktuelle Stand bei der Umsetzung des LkSG in der Zuliefererkette bestätigt die mit dem Gesetz verbundenen Befürchtungen des ZDH. Immer häufiger erhalten auch kleine handwerkliche Zulieferer von ihren industriellen Auftraggebern umfangreiche, in Extremfällen bis zu 80-seitige (!) Fragebögen bzw. Verhaltenskodizes zum LkSG, mit denen verpflichtete Großunternehmen ihre Auskunfts- und Berichtspflichten auf ihre gesamte Zuliefererkette abwälzen – unabhängig davon, ob es sich um einen Zulieferer in Deutschland oder in Entwicklungs- und Schwellenländer handelt. Handwerkliche Zulieferer, die nach deutschem Recht und Gesetz tätig sind, verstehen weder den Nutzen noch die Notwendigkeit solcher Verhaltenskodizes. Mit denen von ihnen geforderten Auskünften im Rahmen dieser LkSG-Codes of Conducts sind sie fachlich und bürokratisch überfordert. Viele angeschriebene Handwerksbetriebe lehnen die Unterzeichnung solcher Verhaltenskodizes ab.

Vor diesem Hintergrund begrüßt der ZDH die zwei nun vorgelegten Handreichungen des BAFA, da hier vor allem die auch im Gesetz verankerten Grundsätze der Risikoorientierung und der Angemessenheit hervorgehoben und konkretisiert werden.

Das Papier „Die wichtigsten Fragen und Antworten für KMU“ erläutert hierbei vor allem, was die Zulieferer von verpflichteten Unternehmen in Zusammenhang mit den Vorgaben des LkSG erwarten. So wird klargestellt, dass es nicht im Sinne des Gesetzes ist, wenn Unternehmen faktisch ihre Pflichten nach dem LkSG nahezu komplett und undifferenziert auf ihre Zulieferer abwälzen. Vielmehr sind die verpflichteten Unternehmen aufgefordert, zwischen risikoarmen und risikogeneigten Zulieferern/Geschäftsfeldern zu unterscheiden. Ebenfalls sind Zulieferer eben nicht auf Basis des Gesetzes verpflichtet, bezogen auf ihre Lieferkette eine eigene Risikoanalyse durchzuführen oder selbst zu prüfen, welche Präventions- und Abhilfemaßnahmen sie bezogen auf ihre Lieferkette durchführen sollten.

Bedauerlich ist allerdings, dass es keine grundsätzliche rechtliche Handhabe gegen Forderungen nach zu umfassenden Fragekatalogen oder Maßnahmen auf Basis des LkSG gibt, sodass es letztlich jedem industriellen Auftraggeber freisteht, von seinem Zulieferer im Rahmen der bestehenden Verträge z. B. die Unterzeichnung von Codes of Conduct zu fordern. Dies kann dann allerdings nicht mit dem Hinweis auf das LkSG gerechtfertigt werden.

Der zweite Leitfaden „Executive Summary zur Handreichung“ richtet sich auch an die verpflichteten Unternehmen selbst und erläutert die Zusammenarbeit mit den Zulieferern in den vier Handlungsfeldern Risikoanalyse, Präventionsmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Beschwerdeverfahren. Der ZDH kritisiert, dass stets von einer „Zusammenarbeit“ von verpflichteten Unternehmen und einzelnen Zulieferern die Rede ist, die schon aufgrund der Vielzahl der Zulieferer großer Unternehmen so in der Praxis in der Regel jedoch nicht stattfindet.

Der ZDH hofft, dass mit den nun erfolgten Klarstellungen verpflichtete Unternehmen in einem ersten Schritt prüfen, in welchen Bereichen ihrer Lieferketten überhaupt relevante Risiken bestehen und somit Handwerksbetriebe im Regelfall außenvorbleiben. Darüber hinaus erwartet der ZDH künftig stärker eine angemessene Vorgehensweise bei der Überprüfung der Lieferkette, die auch die Größe und Machtstellung handwerklicher Zulieferer in den Blick nimmt und die verpflichteten Unternehmen, wenn überhaupt, nur Fragen stellen bzw. Bestätigungen anfordern, die Handwerksbetriebe mit Blick auf ihre Größe sachlich und bürokratisch nicht überfordern.

Das BAFA bittet mit Blick auf teils vollkommen unangemessene Fragebögen und Codes of Conduct um Kontaktaufnahme in solchen Einzelfällen (lieferkettengesetz@bafa.bund.de ). Der ZDH wird sich weiter gegenüber dem politisch für das LkSG zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das BAFA dafür einsetzen, die durch das LkSG entstehenden bürokratischen Belastungen für Handwerksbetriebe auf ein Minimum zu begrenzen.

Weitere Informationen auf der Internetseite des BAFA

Ansprechpartner

Anja Schliebe

Rechtsberaterin

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