Urteil zu Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag

Probezeit im befristeten Arbeitsvertrag: Was ist erlaubt?

Auch in befristeten Arbeitsverträgen ist es möglich, eine Probezeit zu vereinbaren. Ungeklärt ist bisher allerdings, wie lang diese Phase dauern darf. Lesen Sie hier, was das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sagt.

Viele Arbeitgeber möchten oft zuerst befristete Arbeitsverträge anbieten. Dabei stellen sich wichtige Fragen: Soll es möglich sein, den Vertrag vorher zu kündigen, und gibt es eine Probezeit?

Seit der Reform des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) im Jahr 2022 gilt eine neue Regelung für Probezeiten in befristeten Arbeitsverhältnissen. Nach § 15 Abs. 3 TzBfG muss die vereinbarte Probezeit jetzt in einem “angemessenen Verhältnis” zur erwarteten Dauer der Befristung und zur Art der Tätigkeit stehen. Diese unklare Gesetzesformulierung hat in der Praxis zu erheblicher Unsicherheit geführt, da das Gesetz keine konkreten Kriterien für die Beurteilung der Angemessenheit liefern.

Daher fällt den Gerichten nun die Aufgabe zu, Vorgaben für die Angemessenheit von Probezeiten in befristeten Arbeitsverhältnissen zu formulieren. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat kürzlich klargestellt, dass eine Probezeit maximal 25 Prozent der Gesamtdauer des befristeten Vertrages ausmachen darf.

Der Fall

Ein Arbeitnehmer sollte für ein bestimmtes Projekt bei dem Unternehmen beschäftigt werden. Er hatte zum 22. August 2022 einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag geschlossen. Darin war eine Probezeit von vier Monaten vereinbart, in der das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann. Der Arbeitgeber kündigte den befristeten Vertrag innerhalb der vertraglichen Probezeit zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Dies war nach Auffassung des Arbeitgebers der 28. Dezember 2022. Gegen diese Kündigung erhob der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Er argumentierte, dass die vereinbarte Probezeit gegen § 15 Abs. 3 TzBfG verstoße, denn sie sei im Verhältnis zur Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit zu lang bemessen.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht (LAG) stellte sich auf die Seite des Arbeitnehmers. Es entschied, dass die vereinbarte Probezeit als allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) anzusehen und nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.

Denn die vertragliche Regelung zur Probezeit verstoße gegen § 15 Abs. 3 TzBfG. Denn die vereinbarte Probezeit stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit. Es gebe es zwar kein starres Verhältnis von Befristungs- und Probezeitdauer. Der Arbeitgeber habe jedoch nicht dargelegt, warum bei einer Befristungsdauer von einem Jahr eine Probezeit von einem Drittel der Vertragslaufzeit ein angemessenes Verhältnis sein könne. Folglich entspreche die Regelung im Arbeitsvertrag nicht dem § 15 Abs. 3 TzBfG. Das Urteil wörtlich: “Der Berufungskammer erscheint, ebenso wie dem Arbeitsgericht, in handhabbarer Weise ein Quorum von 25 % als Regelfall jedenfalls bei einer einjährigen Befristung angemessen (…), von der im begründeten Einzelfall durchaus Abweichungen möglich sind.”

Arbeitsvertrag kann nur ordentlich gekündigt werden

Die Nichtigkeit der einzelnen Bestimmung führe jedoch nicht zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages im Ganzen (§ 306 Abs. 1 BGB). Der Inhalt des Vertrages richte sich insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften. Folglich greife § 622 Abs. 1 BGB, so dass das der Arbeitnehmer nur mit der – längeren – gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt werden könne.

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Juli 2024, Az. 19 Sa 1150/23

Praxistipp

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulz, LL.M. erklärt dazu: “Arbeitgeber sollten vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags stets prüfen, ob auch eine ordentliche Kündigung möglich sein soll. Hierzu muss eine ausdrückliche Regelung in den Vertrag aufgenommen werden, da ansonsten wegen § 15 Abs. 3 TzBfG eine ordentliche Kündigung während der Befristungsdauer nicht möglich ist. Gleichzeitig kann auch eine Probezeit vereinbart werden. Da die Probezeit allerdings eine verkürzte Kündigungsfrist vorsieht, muss die Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer stehen. Wie das vorliegende Urteil des LAG Berlin-Brandenburg zeigt, steht eine Probezeit von vier Monaten in keinem angemessenen Verhältnis zu einer befristeten Vertragsdauer von einem Jahr. Es bedarf deshalb stets einer vorherigen Abwägung, um im Einzelfall eine angemessene Probezeitdauer zu vereinbaren.”

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Quelle: Deutsches Handwerksblatt

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