Eklatante Fehler bei öffentlichen Ausschreibungen festgestellt
Seit Jahren schwelt ein selten öffentlich geführter Streit zwischen Bauunternehmern und Kommunen bei öffentlichen Ausschreibungen. Regelmäßig wiederholte Vorwürfe sind: Es seien intransparente Verfahren. Es werde das billigste, nicht aber das wirtschaftlichste Gebot ausgewählt. Auch die Beschwerden hinsichtlich der Qualität der Ausschreibungsunterlagen, insbesondere der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibungen, wiederholen sich.
Zu diesem Thema haben die Handwerkskammer Frankfurt (Oder) (HWK) und die Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg (IHK) ein unabhängiges Fachgutachten in Auftrag gegeben. Ein renommierter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger aus Stuttgart hat es nun vorgelegt. Das Gutachten untersucht am konkreten Beispiel aus Frankfurt (Oder), wie detailliert eine kommunale Ausführungsplanung sein muss. Wie können Bieter ihre Werkstatt- oder Montageplanungen rechtskonform gestalten? Wer trägt das Risiko unvollständiger Leistungsbeschreibungen?
Das Ergebnis bestätigt die bisherige Position der Wirtschaftskammern: Nur wenn Baubeschreibung, Leistungsverzeichnis und Planunterlagen vollständig sind, können sich Bieter ohne unzumutbare Risiken an einer Ausschreibung beteiligen. Andernfalls werden die mit öffentlichen Vergabeverfahren beabsichtigten technischen und wirtschaftlichen Effekte nicht erreicht. Der Wettbewerb und damit der Sinn des Vergabeverfahrens werden ausgehebelt.
Die Unternehmen stehen vor einer Zwickmühle: Ist nicht genau erkennbar, was und wie konkret gebaut werden soll, können die Kosten nicht seriös kalkuliert, allenfalls geschätzt werden. Dabei stehen Städte und Gemeinden bereits in der Kritik, stets das billigste, nicht das wirtschaftlich günstigste Angebot auszuwählen. Will also ein Bieter eine Chance haben, wird sein Gebot Planungsrisiken nur bedingt berücksichtigen. Jedoch hat ein Bieter auch die Pflicht, Planungsfehler und Abweichungen von technischen Normen oder gesetzlichen Vorgaben in einer Ausschreibung unverzüglich zu rügen. Fazit: Mit der wachsenden Ungenauigkeit der Ausschreibungsunterlagen sinkt die Möglichkeit, Fehler darin auszumachen. Gleichzeitig steigt die Fehlerhaftigkeit des Gebotes. Dennoch vorgenommene Bauleistungen werden unter Umständen mangelhaft. Der Werklohnanspruch der Bieter wäre gefährdet.
Zudem müssen Unternehmen fehlende Planungen oder Berechnungen selbst vornehmen, auch mit dem Risiko, den Zuschlag nicht zu erhalten. Die Ausschreibenden hingegen können bei ungenauen Vorgaben spätere Konkretisierungen der Bauleistungen vornehmen. Diese Konkretisierungen rechtfertigen, im Gegensatz zu Leistungsänderungen, keine Anpassung der Vergütung. Der Bieter bleibt an sein Gebot gebunden.
Regelmäßig vergeben Kommunen die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen an externe Planungsbüros. HWK und IHK fordern, dass hier mehr Sorgfalt und Kontrolle aufgewandt werden. Detaillierte Vorgaben sollten zum Beispiel anhand eines geeigneten Vergabehandbuchs erfolgen. Kommunen sind auch und gerade dem Wohl ihrer Unternehmen vor Ort verpflichtet. Kommunen müssen berücksichtigen, dass sich fehlende Einnahmen beauftragter Unternehmer auf die Qualität der Bauleistungen auswirken können. Sie riskieren mit unvollständigen Planungsunterlagen die Anfechtbarkeit ihrer Vergabeentscheidungen oder sogar die Notwendigkeit späterer Nachtragsplanungen. Städten und Gemeinden ist es nicht gestattet, ihre Marktmacht auszunutzen und Risiken einseitig auf die Gewerbetreibenden zu verlagern.
Bei der Erstellung der Ausschreibungs- und Planunterlagen zu sparen, kann also teuer werden! Jedenfalls für den Steuerzahler.
Aktuell plant die Bundesregierung, einen Rechtsschutz für Vergaben unter den bisherigen Schwellenwerten einzuführen. Tritt der in Kraft, werden die Kommunen deutlich mehr Sorgfalt und Kontrolle anwenden sowie detailliertere Vorgaben unterbreiten müssen.
Beide Wirtschaftskammern sind bereit, mit den Kommunen, Kriterien für die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen zu erstellen. Auch die von den Kammern getragene Auftragsberatungsstelle Brandenburg e.V. kann Hilfestellung geben.