TEST

Das Bundesarbeitsgericht leitet aus den Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes eine allgemeine Pflicht der Arbeitgeber zur Arbeitszeitaufzeichnung ab.

Wir hatten bereits über die Presseerklärung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu seinem Urteil vom 13. September 2022 über die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung informiert. https://www.hwk-ff.de/bag-arbeitgeber-sind-zur-arbeitszeiterfassung-verpflichtet/

Nun hat das BAG die Urteilsgründe veröffentlicht.

Hinsichtlich des Sachverhalts, der im Wesentlichen das Initiativrecht eines Betriebsrates auf Einführung eines elektronischen Systems zur Arbeitszeiterfassung zum Gegenstand hatte, wird auf die Darlegung in unserer ersten Veröffentlichung zum Urteil vom 13. September 2022 verwiesen.

Entscheidungsgründe

In den Urteilsgründen setzt sich das BAG ausführlich mit dem Verhältnis des Arbeitsschutzgesetzes zum Arbeitszeitgesetz auseinander. Im Ergebnis leitet das Gericht aus dem Arbeitsschutzgesetz eine alle Arbeitgeber treffende Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit ab – ungeachtet des spezielleren Arbeitszeitgesetzes, das insoweit keine generelle Aufzeichnungspflicht normiert. Zwischen Arbeitszeitgesetz und Arbeitsschutzgesetz gäb es kein Verhältnis exklusiver Spezialität.

In den Urteilsgründen führt das BAG aus, dass im Ergebnis dem Betriebsrat kein Initiativrecht auf Einführung eines elektronischen Systems zur Arbeitszeiterfassung zustehe, da ohnehin alle Arbeitgeber schon kraft Gesetzes verpflichtet seien, ein System einzuführen, mit dem die gesamte Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden im Betrieb erfasst werden müssten. Zwar ergebe sich eine solche Verpflichtung nicht aus den einschlägigen Bestimmungen der Europäischen Charta der Grundrechte (Art. 31 Abs. 2), aus denen keine unmittelbar geltende Pflicht zur Einführung eines Arbeitszeitauszeichnungssystems abgeleitet werden könne.

Auch ließe sich eine solche gesetzliche Verpflichtung nicht aus der Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 1 Arbeitszeitgesetz ableiten, da diese nicht dahingehend auszulegen sei, dass sämtliche Arbeitszeiten aufgezeichnet werden müssten. Dies ergebe sich im Umkehrschluss aus den sonst unnötigen spezielleren Regelungen zum Umfang der Arbeitszeitaufzeichnung im Arbeitszeitgesetz selbst (§ 21a Abs. 7 Satz 1) oder darauf basierenden Verordnungen (§ 8 Offs-hore-ArbZV und § 10 Abs. 1 BinSchArbZV) und in diversen Spezialgesetzen wie dem MiLoG, AEntG oder der GSA Fleisch.

Jedoch ergebe sich eine Pflicht der Arbeitgeber, ein System einzuführen, um sämtliche Arbeitszeiten im Gemeinschaftsbetrieb zu erfassen, aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz – ungeachtet des allgemeinen Wortlauts dieser Regelung. Eine solches arbeitszeitliches Verständnis des Arbeitsschutzes liege der Zielsetzung und dem Bedeutungsgehalt der unionsrechtlichen Vorgaben (Richtlinie 89/391/EWG) zugrunde. Eine Konsequenz der Anwendbarkeit des Arbeitsschutzgesetzes sei, dass die im Arbeitszeitgesetz normierten Ausnahmen von der Arbeitszeiterfassung für bestimmte Arbeitnehmer (§§ 18 bis 21) nicht einschlägig seien.

Zu den Folgen des Urteils für die Betriebspraxis führt das Gericht aus, dass grundsätzlich für alle Arbeitgeber eine objektive gesetzliche Handlungspflicht bestehe, ein System einzurichten, mit dem Beginn und Ende und damit die Dauer der Arbeitszeiten einschließlich der Überstunden der Arbeitnehmer erfasst würde. Ausdrücklich weist das Gericht aber darauf hin, dass – solange der Gesetzgeber keine anderweitigen konkretisierenden Regelungen getroffen habe – ein erheblicher Umsetzungsspielraum fortbestünde. So könnten weiterhin die Besonderheiten der Tätigkeitbereiche, die Eigenheiten und insbesondere die Größe des Unternehmens berücksichtigt werden. Auch müsse die Arbeitszeiterfassung nicht zwingend elektronisch erfolgen, sondern die Papierform könne weiter genügen. Ebenso sei eine Delegation der Aufzeichnungspflicht auf die Arbeitnehmer weiterhin möglich.

Bewertung

Aus den letztgenannten Ausführungen des Gerichts lässt sich ableiten, dass bei der Ausgestaltung der Erfassung von Arbeitszeit auch auf der Grundlage dieses Beschlusses ein sehr weiter Gestaltungsspielraum bestehen bleibt. Das BAG bestätigt nicht nur die Möglichkeit der Delegation, es bestätigt darüber hinaus die Möglichkeit, Art und Weise der Aufzeichnung (z. B. Schriftform) zum jetzigen Zeitpunkt weitgehend durch den Arbeitgeber zu bestimmen. Auch zum Zeitpunkt der Aufzeichnung enthält der Beschluss keine einschränkenden Vorgaben. Lediglich die Ausführungen des Gerichts zur Anwendbarkeit der im Arbeitszeitgesetz normierten Ausnahmen von Aufzeichnungspflicht für bestimmte Arbeitnehmer – wie insbesondere leitende Angestellte (Rz. 56 und 57) – lassen offen, ob diese Regelungen weiterhin Bestand haben.

Für die Arbeitgeber im Handwerk ist von besonderer Bedeutung, dass bei der Auswahl der Form der Arbeitszeiterfassung vor allem die Besonderheiten der jeweils betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens – insbesondere seiner Größe – weiterhin berücksichtigt werden können. Es somit davon auszugehen, dass die in vielen Handwerksbetrieben oft noch anzutreffenden händischen oder auf die Arbeitnehmer delegierten Formen der Arbeitsaufzeichnung bis auf weiteres rechtmäßig sein dürften. Eine allgemeine Pflicht zu Einführung elektronischer Arbeitszeiterfassungssysteme besteht jedenfalls nicht.

Es ist aber zu erwarten, dass das Bundesarbeitsministerium die Entscheidung zum Anlass nehmen wird, die gesetzlichen Bestimmungen zur Arbeitszeiterfassung neu zu regeln.

Anja Schliebe

Rechtsberaterin

Telefon: 0335 5619 - 136
Telefax: 0335 5619 - 123

anja.schliebe@hwk-ff.de

Wir informieren Sie zum aktuellen Sachstand „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen“.

Derzeit sind viele Betriebe des Fotografenhandwerks wegen des aktuell vorliegenden „Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen“ beunruhigt. Das Bundesinnenministerium (BMI) sieht darin in Artikel 10 vor, dass das Lichtbild zukünftig in Gegenwart eines Mitarbeiters der Passbehörde aufzunehmen und elektronisch zu erfassen sein soll. Damit sind solche Betriebe in ihrer Existenz bedroht, die ganz oder zu einem großen Teil im Fotografenhandwerk Passbilder erstellen.

Zur Begründung wird im Gesetzentwurf folgendes ausgeführt: „Manipulationen des Passbilds durch „Morphing“ und anschließende unerlaubte Grenzübertritte werden künftig dadurch ausgeschlossen, dass das Passbild vor Ort unter Aufsicht der Passbehörde aufgenommen und in digitaler Form unmittelbar in den Produktionsprozess des Passes eingespeist wird.“ (siehe Seite 20 des Gesetzesentwurfs)

Es findet an keiner Stelle des Entwurfs eine Abwägung zwischen den gesetzgeberischen Zielen auf der einen Seite und den Belangen der betroffenen Gewerbebetriebe auf der anderen Seite statt. Auch die durch Morphing drohenden Gefahren werden nicht weiter mit Fallbeispielen oder statistischen Zahlen unterlegt. Der Entwurf begnügt sich mit der Aussage, dass die bisherige Praxis, nach der Passbewerber privat erstellte Lichtbilder einreichen, nicht mehr zukunftstauglich sei. (siehe Seite 11 des Gesetzesentwurfs)

Vor diesem Hintergrund halten wir Artikel 10 des Referentenentwurfs nicht nur in der Sache verfehlt, er lässt darüber hinaus ein Mindestmaß an Interessenabwägung vermissen.

In diesem Sinne hat der ZDH dem Ministerium bereits im vergangenen Dezember signalisiert, dass das Handwerk eine kritische Haltung zum Gesetzentwurf einnimmt. Der Fachverband beabsichtigt, gegenüber dem BMI eine Stellungnahme abzugeben. Dieser wird sich der ZDH anschließen.

Darüber hinaus sondiert der ZDH derzeit ein gemeinsames Vorgehen mit HDE (Hauptverband des Deutschen Einzelhandels) und DIHK, die sich wegen der Betroffenheit des Fotohandels ebenfalls bereits kritisch positionieren.

Über die weitere Entwicklung werden wir Sie zeitnah weiter informieren.

Anja Schliebe

Rechtsberaterin

Telefon: 0335 5619 - 136
Telefax: 0335 5619 - 123

anja.schliebe@hwk-ff.de

Ab sofort steht den Mitgliedsbetrieben der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) – Region Ostbrandenburg eine eigene Inkassostelle als neuer Dienstleistungsservice zur Verfügung.

Welche Aufgaben übernimmt die Handwerkskammer dabei?

Zunächst versendet die Kammer nochmal ein außergerichtliches Mahnschreiben an den Schuldner. Bleibt die Aufforderung zur Zahlung weiterhin unbeantwortet, wird auf Wunsch des Betriebes hin der gerichtliche Mahnbescheid beim Amtsgericht beantragt. Legt der Schuldner keinen Widerspruch dagegen ein, beantragt die Kammer den Vollstreckungsbescheid und veranlasst gegebenenfalls Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Eine vorherige Rücksprache mit dem Betrieb als Gläubiger erfolgt dabei in jeder Phase des Verfahrens. Wenn Sie sich für diese Dienstleistung der Kammer interessieren sollten, stehen wir Ihnen seit 1. September 2018 unter nebenstehenden Kontaktdaten zur Verfügung.

Tim Liehr

Sachbearbeiter Inkassostelle

Telefon: 0335 5619 - 149
Telefax: 0335 5619 - 179

tim.liehr@hwk-ff.de

Frank Ecker

Hauptgeschäftsführer und Abteilungsleiter Recht

Telefon: 0335 5619 - 100
Telefax: 0335 5619 - 103

hgf@hwk-ff.de